Pressemitteilung, , Berlin/Bonn/Gütersloh: "Jakob Muth-Preis für inklusive Schule" geht nach Berlin, Gießen und Hannover

Gemeinsames Lernen und individuelle Förderung aller Kinder sind möglich

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Die seit Anfang 2009 auch in Deutschland verbindliche UN-Behindertenkonvention fordert in Arti­kel 24 ein inklusives Schulsystem. Das bedeutet eine "Schule für alle", in der Kinder mit und ohne Behinderung wohnortnah und gemeinsam gemäß ihrer individuellen Bedürfnisse unterrichtet wer­den. Deutschland ist von diesem Ziel allerdings noch weit entfernt: Von den rund 500.000 Schüle­rinnen und Schülern, denen sonderpädagogischer Förderbedarf zugesprochen wird – unter ihnen viele Kinder mit Migrationshintergrund – werden rund 85 Prozent an speziellen Förderschulen un­terrichtet. Diese erweisen sich häufig als Sackgasse für die weitere Entwicklung der Kinder: Sie erhalten nur in den seltensten Fällen einen qualifizierenden Schulabschluss und eine langfristige gesellschaftliche Teilhabe wird ihnen wesentlich erschwert.

Dass es anders geht, zeigen z.B. Spanien, Italien und die skandinavischen Länder – hier besu­chen fast alle Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf allgemeine Schulen, in Großbritan­nien sind es über 60 Prozent. Der Jakob Muth-Preis – benannt nach dem Bochumer Professor Jakob Muth (1927-93), der sich intensiv für eine gemeinsame Erziehung behinderter und nicht behinderter Kinder einsetzte – will den Gedanken des inklusiven Unterrichts in Deutschland vo­rantreiben. Die positiven Beispiele für diesen "gemeinsamen Unterricht" sollen bekannt werden und Schulen zur Nachahmung ermuntern. Beworben hatten sich für den Preis 144 Schulen aller Schulformen aus allen Bundesländern.

"Die UN-Behindertenrechtskonvention, die Anfang 2009 ratifiziert wurde, verpflichtet Deutschland, Veränderungen hin zu einer Schule für alle einzuleiten und sie verpflichtet die Schulen, sich dieser Aufgabe zu stellen", so Karin Evers-Meyer. "Die hohe Qualität und Anzahl der Bewerbungen hat uns sehr positiv überrascht. Sie beweisen, dass gemeinsamer Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern in Deutschland möglich ist."

"Respekt vor der Würde eines Menschen und die Solidarität in schwierigen Situationen sind  Vor­aussetzungen für eine funktionierende, lebendige Gemeinschaft. Dazu gehört auch, dass allen Menschen die Teilhabe in der Gesellschaft und ein selbst bestimmtes Leben ermöglicht werden. Die Erika-Mann-Grundschule, die Sophie-Scholl-Schule und die IGS Linden sind eindrucksvolle Beispiele dafür, wie jedes Kind in seiner Einzigartigkeit gefördert werden kann", betont Liz Mohn, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung. Die jahrelange Erfahrung der Preisträger beweise: von einem gemeinsamen Unterricht mit individueller Förderung profitieren am Ende alle Kinder.

Walter Hirche, Präsident der Deutschen UNESCO-Kommission, unterstreicht: "Die UNESCO-Welt­konferenz der Bildungsminister im November 2008 hat klar Position bezogen: Bildungssysteme müssen inklusiv gestaltet werden. Deutschland ist hier im internationalen Vergleich noch nicht weit genug: Bisher erhalten nur 15 Prozent aller behinderten Kinder die Möglichkeit, gemeinsam mit nicht behinderten Kindern zur Schule zu gehen. Wir brauchen inklusive Schulen, die – wie unsere Preisträger – flexibel auf die Bedürfnisse aller Kinder eingehen."

Bewerben konnte sich jede Schule, die sich auf dem Weg zur inklusiven Schule befindet: ob För­der- oder Regelschule, Grund- oder weiterführende Schule, Schule in öffentlicher oder privater Trägerschaft.

Die Preisverleihung findet statt am 31. August 2009, 14:30 - 16:00 Uhr, in der Berliner Bertelsmann Repräsentanz, Unter den Linden 1.

Weitere Informationen zum Preis finden Sie in der Spalte rechts neben diesem Text.

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