Pressemitteilung, , Gütersloh: Deutschland fit für die Globalisierung

Internationale Vergleichsstudie unter allen Industriestaaten zeigt: Je demokratischer und gerechter eine Gesellschaft, desto erfolgreicher kann sie Veränderungen bewältigen

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Die von einem weltweiten Netzwerk renommierter Wissenschaftler durchgeführte Untersuchung analysiert anhand von 149 Indikatoren den Reformbedarf und die Reformfähigkeit der jeweiligen Staaten in Politikfeldern, die für die Frage der Nachhaltigkeit einer Gesellschaft einen zentralen Stellenwert besitzen. Für Deutschland benennt die Studie deutliche Defizite. Insbesondere bei den Themen Arbeitsmarkt, Bildung, Integration und Wirtschaft.

Besonders hervorgehoben werden dabei eine wenig nachhaltige Gesundheitsreform, die Mängel in der Kleinkinderbetreuung, die hohe Arbeitslosigkeit, geringe Bildungschancen von Menschen mit Migrationshintergrund sowie ein kompliziertes und undurchsichtiges Steuersystem. Vorreiter ist Deutschland dagegen bei der Umweltpolitik sowie in der Forschung und Entwicklung, obwohl die Experten hier noch weiteres Steigerungspotenzial ausmachen. An der Spitze der Vergleichserhe­bung stehen die skandinavischen Staaten, während Deutschland bei den meisten Indikatoren im oberen Drittel rangiert.

Als einen entscheiden Faktor bei der Bewältigung der Herausforderungen durch die Globalisierung machten die Forscher in der Vergleichsstudie allerdings nicht wirtschaftliche oder soziale Gege­benheiten aus, sondern „die Kunst des Regierens“: Staaten mit einer hohen Demokratiequalität und einer wirksamen Einbeziehung gesellschaftlicher Akteure erzielen demnach eindeutig nach­haltigere Politikergebnisse. Die Länder der Spitzengruppe zeichnen sich zudem durch hervorra­gende Management-Leistungen ihrer Regierungen aus. Dadurch können sie mit den vielfältigen Anforderungen besser umgehen, die aus der Globalisierung erwachsen. Dr. Gunter Thielen, Vor­standsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung, folgert aus den Ergebnissen: „Nationale Regierungen sind in der globalisierten Welt keineswegs ein Auslaufmodell. Sie bestimmen immer noch über das Wohl und Wehe ihrer Gesellschaft.“

Der Index kommt darüber hinaus zu einem weiteren überraschenden Befund: „Nicht primär Wirt­schaftswachstum, sondern gutes Regieren in einer guten demokratischen Ordnung fördert die so­ziale Gerechtigkeit in der OECD-Welt“, so Professor Wolfgang Merkel (Wissenschaftszentrum Ber­lin).

In seiner auf den SGI-Ergebnissen basierenden und gemeinsam mit den Index-Ergebnissen ver­öffentlichten Sonderstudie zu diesem Thema ermittelte er das Maß an sozialer Gerechtigkeit an­hand von 25 spezifischen Indikatoren; von der Altersarmut, über Beschäftigungsquoten, Bildungs- und Sozialausgaben bis zur Arbeitslosenquote oder der Diskriminierung von Minderheiten. Dabei zeigte sich, dass reiche und weit entwickelte Länder in der OECD wie die USA oder Japan keinen höheren Gerechtigkeitswert aufweisen als etwa das wirtschaftlich noch weniger entwickelte Polen.

Dr. Leonard Novy, Projektleiter der Bertelsmann Stiftung, verweist auf den Zusammenhang von sozialer Gerechtigkeit und der Funktionsfähigkeit von Demokratien: „Die skandinavischen Staaten, aber auch die Niederlande und Neuseeland, die bei der Qualität der Demokratie Spitzenergeb­nisse erzielen, erreichen auch die besten Ergebnisse etwa in den Bereichen wie Arbeitsmarkt, Bil­dung oder Umwelt.“

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