Pressemitteilung, , Gütersloh: Auch islamistische Organisationen beteiligen

Alle politischen und zivilgesellschaftlichen Gruppen gehören an den Verhandlungstisch

  • PDF

Die Ländergutachten der Bertelsmann Stiftung für den arabischen Raum zeigen, dass die Islamisten häufig die wichtigsten oder gar einzigen Organisationen stellen, die sich unter repressiven Regimen als politische Kraft behauptet haben und seit Jahren Demokratie, Korruptionsbekämpfung und soziale Verantwortung einfordern. "In vielen Ländern haben sie die zentralen sozialen Aufgaben des Staates längst übernommen", sagte Hartmann. Dadurch verfügten sie nicht nur über ein gewisses Maß an Glaubwürdigkeit, sondern auch über die notwendige Infrastruktur, um die sozialen Forderungen der protestierenden Bevölkerungen aktiv aufzunehmen.

Der Machthunger islamistischer Organisationen werde in der öffentlichen Diskussion stark überzeichnet. Tatsächlich seien sie bereit, wie etwa in Algerien als Juniorpartner einer Koalitionsregierung beizutreten oder in Marokko eine fortschrittliche Reform des Familienrechtes mitzutragen, sagte Hartmann. Gruppen wie die Muslimbruderschaft in Ägypten betrachteten sich primär als religiöse Organisationen mit Bildungsauftrag und sozialen Aufgaben. Auch deswegen seien sie jetzt an den Verhandlungstisch geholt worden.

Dennoch sei der Islamismus in seinem regionalen Erscheinungsbild sehr heterogen, wie die Muslimbruderschaft in Ägypten zeige. Die Organisation weise einen gemäßigteren und einen radikalen Flügel auf. Zudem bleibe es kritisch zu verfolgen, wie sich islamistische Organisationen gegenüber Israel und dem Friedensprozess im Nahen Osten verhielten, sagte der Experte der Bertelsmann Stiftung.

Die westlichen Regierungen sollten die Fehler der Vergangenheit vermeiden, sich auf die Suche nach "starken Männern" und vermeintlichen Stabilitätsgaranten zu machen. Die bisherigen Demonstrationen hätten in beeindruckender Weise verdeutlicht, dass es im arabischen Raum mehr politische Alternativen gibt, als zwischen repressiver Herrschaft und fundamentalistischem Gottesstaat zu wählen, sagte Hartmann. Die islamistischen Organisationen im Demokratisierungsprozess zu ignorieren, würde vor allem deren radikale Flügel stärken.