Emissionen von Industrieanlagen

Zwischen Klimaschutz und Industrieerhalt – Was kann der CBAM der EU leisten?

Die Industrie in Europa steht vor großen Herausforderungen: steigende Energie- und CO2-Preise, anhaltende Lieferkettenstörungen und der hohe Zeitdruck bei der Dekarbonisierung sind nur einige davon. Gleichzeitig zeigen nicht zuletzt die Verhandlungen bei der UN-Klimakonferenz, dass die EU in Sachen Klimaschutz vorangehen muss und sich nicht darauf verlassen kann, dass andere Staaten im gleichen Tempo mitziehen. Der geplante CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) der EU soll eine stärkere Lenkungswirkung des CO2-Preises ermöglichen und die Verlagerung von Emissionen, Wertschöpfung und Beschäftigung ins Ausland verhindern. Doch der CBAM, und insbesondere eine mögliche CO2-Kostenerstattung für Exporte, sind politisch und handelsrechtlich problematisch und keinesfalls als Allheilmittel für die anstehenden Herausforderungen zu verstehen.

Ansprechpartnerin

Foto Sara Holzmann
Sara Holzmann
Project Manager

Der CBAM soll die kostenfreie Zuteilung im EU-ETS ablösen

Der CO2-Preis im Emissionshandelssystem (EU-ETS) ist das zentrale Instrument der europäischen Klimapolitik. Seit 2005 müssen emissionsintensive Unternehmen für ihren CO2-Ausstoß entsprechende Emissionszertifikate erwerben. Der CO2-Preis ist erst in der jüngsten Vergangenheit deutlich gestiegen.

Mit steigendem CO2-Preis erhöhen sich auch Eintrittswahrscheinlichkeit und Ausmaß von Carbon Leakage, also der Verlagerung von Emissionen in Drittstaaten mit einer weniger strengen Klimapolitik. Denn durch unilateral ambitioniertere Klimaschutzmaßnahmen entstehen den inländischen Unternehmen höhere CO2-Kosten als ihren ausländischen Konkurrenten. Carbon Leakage kann mit der Abwanderung industrieller Wertschöpfung und Beschäftigung einhergehen.

Bisher wurden die meisten Zertifikate im EU-ETS kostenfrei zugeteilt, um das Risiko für Carbon Leakage zu senken. Doch dieser Mechanismus schmälert die Wirkung des CO2-Preissignals, reduziert also die Anreize für Emissionsminderungen. Im Zuge einer ambitionierteren EU-Klimapolitik kann er nicht aufrechterhalten werden. Stattdessen soll die kostenfreie Zuteilung von Zertifikaten schrittweise auslaufen und durch den CBAM ersetzt werden.

Exportbefreiungen sind der handelspolitische und -rechtliche Fallstrick des CBAM

Der CBAM verpflichtet Importeure in die EU dazu, Zertifikate zu kaufen, sodass die importierten Produkte mit dem gleichen CO2-Preis belegt werden wie die europäische Produktion. Die Kostenunterschiede aufgrund unterschiedlicher CO2-Preise im In- und Ausland sollen dadurch ausgeglichen und Carbon Leakage sowie die Abwanderung der Industrieproduktion verhindert werden. Die Details zur Ausgestaltung des CBAM bleiben noch Gegenstand der Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen.

Besonders kontrovers und politisch brisant ist die Frage, ob und wie sich die Exporte europäischer Produzenten in Drittstaaten im CBAM berücksichtigen lassen. Die Erstattung der CO2-Kosten für Exporte an der Grenze ist international kaum durchsetzbar. Es drohen Handelskonflikte mit großem wirtschaftlichem Schaden.

Unser Policy Brief blickt auf die politischen Hürden und die Frage der WTO-Konformität einer Exportregelung im Rahmen des CBAM. Er zeigt zudem auf, weshalb der CBAM allein kein Allheilmittel für Klimaschutz und Industrieerhalt ist, sondern vielmehr komplementär zu Subventionen und Industriepolitik zu verstehen und einzusetzen ist.