Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer wohltätigen Organisation stehen nebeneinander hinter einem langen Tisch und packen Wasserflaschen, Konservendosen und eingeschweißte Brötchen in Kartons. Eine ältere Mitarbeiterin ist im Vordergrund zu sehen und blickt in die Kamera.

Mehrheit in Deutschland befürwortet soziale Pflichtzeit unabhängig vom Alter

Das Liz Mohn Center der Bertelsmann Stiftung ist der Frage nachgegangen, wie die Bevölkerung in Deutschland zu einer sozialen Pflichtzeit steht. Das Ergebnis: Rund zwei Drittel der Befragten würden der Einführung einer flexibel gestaltbaren Pflichtzeit unabhängig vom Alter zustimmen. Die Debatte um das soziale Engagement in Deutschland hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Sommer angestoßen.

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Jörg Habich

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Von allen für alle – unter diesem Motto könnte eine soziale Pflichtzeit für alle Menschen in Deutschland stehen. Um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ein altersunabhängiges soziales Engagement, dessen Dauer frei wählbar ist, angeregt. Mit einer solchen Pflichtzeit könnten nach Einschätzung des Bundespräsidenten die Demokratie gestärkt werden. Doch wie kommt dieser Vorschlag in der Bevölkerung an? Dieser Frage ist das Liz Mohn Center der Bertelsmann Stiftung nachgegangen.

Rund zwei Drittel (64 Prozent) der Bevölkerung würden die Einführung einer flexibel gestaltbaren, altersunabhängigen Pflichtzeit für Männer und Frauen befürworten. Somit findet der Vorschlag des Bundespräsidenten einer Pflichtzeit für alle Bevölkerungsmitglieder eine breite Zustimmung in der Gesellschaft. Das ist das zentrale Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IPSOS im Auftrag des Liz Mohn Centers der Bertelsmann Stiftung. Ein Drittel hingegen spricht sich gegen eine soziale Pflichtzeit aus, deren Dauer unterschiedlich gewählt werden kann und die von jüngeren wie älteren Bürger:innen geleistet werden sollte.

Eine Mehrheit ist bereits ehrenamtlich engagiert

Sich für die Gemeinschaft einzusetzen, gehört zu den zentralen Wertvorstellungen der deutschen Bevölkerung. 65 Prozent finden es wichtig, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, 61 Prozent sind bereit, sich persönlich zu engagieren und 53 Prozent sind bereits ehrenamtlich engagiert. Liz Mohn, Präsidentin des nach ihr benannten Liz Mohn Centers, erläutert: "Die Gleichzeitigkeit vieler Krisen erfordert, dass Wirtschaft, Politik und Kultur, aber auch die Zivilgesellschaft gemeinsam nach Lösungen suchen. Jeder und jede Einzelne in der Gesellschaft kann einen Beitrag dazu leisten. Ich freue mich, dass so viele Menschen in unserem Land bereit sind, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Dieses Engagement ist ein stabiles Fundament, um die Demokratie und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu stärken."

Als idealer Zeitpunkt einer sozialen Pflichtzeit kommt allerdings nur für jeden Dritten (36 Prozent) die Zeit nach dem Abschluss der Schulausbildung in Frage. Denn gerade junge Menschen zieht es schnell ins Berufsleben: direkt im Anschluss an die Schule ein solches Jahr absolvieren zu müssen, sehen drei von fünf der jungen Menschen als eine unnötige Verzögerung von Ausbildung oder Studium (57 Prozent der 14–26-Jährigen). Jeder Fünfte (21 Prozent) findet, dass es für die Pflichtzeit keinen idealen Zeitpunkt gibt sowie für acht Prozent dieser frei wählbar sein sollte und die Rahmenbedingungen stimmen müssen.

Ich freue mich, dass so viele Menschen in unserem Land bereit sind, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Dieses Engagement ist ein stabiles Fundament, um die Demokratie und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu stärken.

Liz Mohn, Präsidentin des Liz Mohn Centers

Mehr Anerkennung und Anreize für Engagierte

Rund drei Viertel der Befragten sind der Ansicht, soziales Engagement könne unter bestimmten Voraussetzungen gesteigert werden. Dazu zählen beispielsweise mehr gesellschaftliche Anerkennung, mehr Informationen und Beratung allgemein sowie durch die Unterstützung der Karriere beziehungsweise der Verkürzung von Wartezeiten bei der Zulassung zum Studium.

Auch finanzielle Aspekte, wie die Anrechnung auf Renten, Steuervergünstigungen und allgemein bessere finanzielle Anreize, werden von mindestens zwei Dritteln der Befragten als Maßnahme zur Steigerung der Attraktivität angegeben. So finden 38 Prozent der Befragten, dass ein freiwilliger sozialer Dienst genauso hoch vergütet werden sollte wie der Freiwilligendienst der Bundeswehr.

Neue Rahmenbedingungen schaffen

Jörg Habich, Geschäftsführer des Liz Mohn Centers meint: "Gesellschaft, Wirtschaft und insbesondere die Politik sind gefragt, soziales Engagement stärker zu unterstützen. Vorbilder können noch mehr Menschen motivieren, sich für andere zu engagieren. Es ist jedoch wichtig, dass ein sozialer Pflichtdienst keine Lösung für den Personalmangel in sozialen Berufen darstellt oder schlechte Arbeitsbedingungen kompensiert. Für eine Pflichtzeit sind neue rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen, die alle Beteiligten motivieren und überzeugen - die Teilnehmenden, die Einsatzstellen und die Unternehmen, wenn der Dienst während des Berufslebens geleistet wird. Nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kann das Engagement in einer sozialen Pflichtzeit einen nachhaltigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten."

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