Figuren, die sich an Fäden hochziehen.

Raus aus der Minijobfalle: Reform bringt 165.000 gute Jobs

Eine Reform zur Abschaffung der krisenanfälligen Minijobs sowie zur Reduktion der Sozialversicherungsbeiträge für untere Einkommensgruppen kennt viele Gewinner:innen: Das Bruttoinlandsprodukt würde bis 2030 um 7,2 Milliarden Euro wachsen, die Beschäftigung um 165.000 steigen. Das ist das Ergebnis einer Modellrechnung im Auftrag unserer Stiftung.

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870.000 Minijobber:innen haben in der Corona-Krise ihren Job verloren. Die Gefahr, arbeitslos zu werden, ist für sie rund zwölf Mal höher als für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte auf dem Arbeitsmarkt. Grund dafür ist, dass sie nicht in die Sozialversicherung einzahlen und somit keinen Anspruch auf Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld haben.  

Auch deshalb ist eine Reform überfällig: Der Vorschlag der Ökonomen Tom Krebs und Martin Scheffel sieht die Abschaffung der Minijobs und eine Entlastung unterer Einkommen vor. Sozialversicherungsabgaben würden ab dem ersten verdienten Euro fällig, allerdings mit einem anfangs sehr geringen Beitragssatz. Die Durchschnittsbelastung stiege linear von 0 Prozent bei keinem Verdienst auf 20,2 Prozent bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.800 Euro an – der oberen Niedriglohngrenze für eine vollzeitbeschäftigte Erwerbsperson.

Dank der Reform könnte die Zahl der Teilzeitstellen auf dem deutschen Arbeitsmarkt schon bis zum Jahr 2030 um rund 160.000 wachsen, bei den Vollzeitstellen stände ein Plus von 5.000. Die Zahl der Arbeitslosen würde dagegen um 88.000 sinken, damit sind unterm Strich keine negativen Beschäftigungseffekte zu erwarten. Bessere Beschäftigungsperspektiven hätten vor allem Bezieher:innen niedriger Einkommen, für die sich die Arbeit über einen Minijob hinaus bislang häufig nicht auszahlt. Der Grund: Derzeit müssen Beschäftigte mit einem Verdienst von bis zu 450 Euro keine Abgaben und Steuern zahlen. An dieser Grenze steigt die Belastung durch Sozialversicherungsabgaben jedoch sprunghaft auf rund 10 Prozent. Wer mehr arbeiten will, wird also bestraft. "Die heutigen Minijobs müssen so reformiert werden, dass sich mehr Arbeit auch für alle lohnt", sagt Vorstandsmitglied Jörg Dräger.

Insbesondere Geringqualifizierte, Alleinerziehende und Mütter profitieren

Die Reform würde somit alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Niedriglohnbereich entlasten. Insbesondere für Geringqualifizierte, Alleinerziehende und Mütter lohnt sich die Ausweitung der Beschäftigung dann auch über den Minijob hinaus. Konkret: Die Sozialversicherungsabgaben würden sich am Übergang von 450 zu 451 Euro von jetzt 45 auf dann 22,55 Euro halbieren. Zudem würde sich eine Ausweitung der geringfügigen Beschäftigung auf eine Teilzeitbeschäftigung mehr lohnen. Mit einem Monatsverdienst von 1.000 Euro würden anstatt 187 Euro nur noch 112,22 Euro für Sozialabgaben fällig. Der Minijob wäre nicht länger eine Falle, die er in der Vergangenheit gewesen ist. "Für Minijobbeschäftigte entfiele mit der Reform zwar das bekannte ‚brutto gleich netto‘ – doch sie bietet auch die Chance auf einen höheren Lohn und bessere Aufstiegschancen", sagt Dräger. Damit würde auch der Anteil der Erwerbspersonen, die von Armut bedroht sind, die sogenannte Armutsgefährdungsquote, sinken. Besonders profitieren würden armutsgefährdete Geringqualifizierte – sie hätten im Schnitt 70 Euro mehr pro Monat.

Arbeit mit der Sicherheit und der Anerkennung, die alle Beschäftigten verdienen

Das Gebot nach der Pandemie lautet: "Building back Better", also das Neue besser zu machen als das Alte. "Wir haben jetzt die Chance, die Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umzuwandeln. So entsteht Arbeit mit der Sicherheit und der Anerkennung, die alle Beschäftigten verdienen", erläutert Dräger. Auch wenn die Reform den Fiskus zunächst Geld kostet – der Effekt würde sich schon bald umkehren: Bereits im Jahr 2041 übersteigen die Mehreinnahmen für die öffentliche Hand die fiskalischen Kosten der Reform. 

Im Zuge der Reform sollten Minijobs nur noch als Hinzuverdienstmöglichkeit für beispielsweise Studierende, Schüler:innen oder Rentner:innen verbleiben.