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Von "schwächelnd" bis "gut aufgestellt": So digital sind Deutschlands Regionen
Die einen sind auf einem guten Weg, die anderen brauchen Hilfe: In Sachen Digitalisierung sind unsere Kreise und kreisfreien Städte ganz unterschiedlich aufgestellt. Um die Unterschiede zu verringern und zu verhindern, dass einzelne Regionen abgehängt werden, braucht es neben einer gesamtstaatlichen Strategie auch regionale Ansätze. Unsere Studie hat die dafür nötigen Daten zusammengetragen.
In diesem Jahr hatte unser Reinhard Mohn Preis das Thema "Smart Country – Vernetzt. Intelligent. Digital." und ging an den ehemaligen estnischen Staatspräsidenten Toomas Hendrik Ilves. Bei den Vorbereitungen setzten wir uns intensiv mit dem Megatrend Digitalisierung und seinen Auswirkungen auf die Gesellschaft auseinander. Unsere Recherchen führten uns in die digitalen Vorreiterstaaten Estland, Schweden, Israel und Österreich. Dabei wurde klar: In Sachen Digitalisierung hat Deutschland im internationalen Vergleich großen Nachholbedarf.
Doch nicht nur die Welt und Europa sind digital geteilt. Auch in Deutschland gibt es Regionen, die schon vergleichsweise gut digital aufgestellt sind und solche, die deutlich hinterherhinken. Zusammen mit den Folgen des demografischen Wandels ergibt sich das Bild von einem Land der unterschiedlichen Geschwindigkeiten: Städtische und ländliche Regionen, wirtschaftlich starke und schwache, wachsende und schrumpfende, digitale und weitgehend analoge existieren nebeneinander. Um die Unterschiede zu verringern und zu verhindern, dass einzelne Regionen abgehängt werden, braucht es neben einer gesamtstaatlichen Strategie auch differenzierte regionale Strategien. Diese wiederum benötigen eine solide Datenbasis, konkrete Zahlen, die belegen, was unsere Kreise und kreisfreien Städte gemeinsam haben und worin sie sich unterscheiden. Unsere Studie liefert dazu einen Beitrag.
Digitaler Wandel
Von Regionen mit "erheblichen Strukturschwächen" bis hin zu "prosperierenden Zentren": So sind unsere Kreise und kreisfreien Städte bei Digitalisierung und Co. aufgestellt
Auf der Basis von 60 Indikatoren, unter anderem von unserem Portal Wegweiser Kommune, entwickelten wir zusammen mit der TU Dortmund eine Typisierung für Deutschlands Kreise und kreisfreien Städte. Zentrale Indikatoren waren beispielsweise Beschäftigungsquote und Anteil Hochqualifizierter, Medianalter und Wanderungsraten der Bevölkerung, Ausbildungs- und Betreuungsquoten, Hochschul- und Städtebauförderung sowie Breitbandversorgung. Anhand dieser Kriterien lassen sich unsere Kreise und kreisfreien Städte in acht verschiedene Raumtypen einteilen:
· Ostdeutsche Landkreise mit großen strukturellen Herausforderungen (Typ 1)
· Wachsende Landkreise mit guten Entwicklungschancen (Typ 2)
· Westdeutsche Kreise mit durchschnittlichen Entwicklungschancen (Typ 3)
· Teilweise städtische Kreise mit Strukturschwächen (Typ 4)
· Kreisfreie Städte mit erheblichen Strukturschwächen (Typ 5)
· Stabile städtische Zentren mit Entwicklungspotenzial (Typ 6)
· Dynamische städtische Zentren mit guten Entwicklungschancen (Typ 7)
· Prosperierende Zentren mit hervorragenden Zukunftschancen (Typ 8)
Die Typisierung zeigt: Die üblichen Gegensätze "Stadt vs. Land" oder "West vs. Ost" greifen zu kurz. So gibt es beispielsweise drei sehr große und räumlich überwiegend zusammenhängende Cluster im Osten, Süden und Westen der Republik. Auffällig ist außerdem, dass sich die Ruhrgebiets-Regionen teils stark unterscheiden, wie auch unsere Karten verdeutlichen:
Einige Regionen können aus eigener Kraft digital werden, andere brauchen Hilfe
Unsere Studie macht deutlich: Eine Reihe von Regionen schafft den digitalen Wandel aus eigener Kraft und realisiert bereits die wirtschaftlichen wie technischen Grundlagen, die es braucht, um digitale Technologien nutzen zu können. Andere Regionen wiederum sind strukturell schwächer entwickelt und benötigen – auch staatliche – Unterstützung, beispielsweise beim Breitbandausbau. Mehr als die Hälfte aller Kreise und kreisfreien Städte besitzen eher schlechte Digitalisierungschancen. In weiten Teilen des Landes fehlt der Zugang zu schnellem Internet.
Bei allem Handlungsdruck muss Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft verdeutlicht werden, dass es differenzierte regionale Strategien braucht, damit kein Kreis und keine kreisfreie Stadt beim digitalen Wandel den Anschluss verliert.
Die komplette Studie finden Sie hier.
Eindrücke von unseren Recherchen zum Reinhard Mohn Preis 2017 gibt's in unserer YouTube-Playliste - mit Videos über Digitalisierung in Estland, Schweden, Israel und Österreich.