Die dortige Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kommunen sowie die schnelle und qualitätsvolle Bearbeitung der Asylanträge unter Einbezug von Rechtsbeiständen liefere aber wichtige Anregungen für die Bundesrepublik, so Dräger.
Die Schweiz zeigt: Beschleunigte Asylverfahren entlasten die Kommunen
Kernelemente des seit 2012 reformierten Schweizer Asylverfahrens, das in Zürich erprobt und evaluiert wurde, sind zum einen die Priorisierung und schnellere Bearbeitung der Asylgesuche, zum anderen die qualitative Verbesserung der Verfahren durch staatlich finanzierte Rechtsbeistände. Dabei entlastet der Bund die Kantone und Gemeinden, indem die Asylbewerber zunächst zentral unter Bundesaufsicht untergebracht werden. Währenddessen werden alle Asylanträge in einfach zu entscheidende und komplexere Verfahren kategorisiert.
Die Kategorie einfacher Verfahren betrifft Asylanträge mit geringen oder hohen Erfolgsaussichten. Schutzbedürftige Personen sollen dabei schnell einen positiven, Asylbewerber ohne Schutzanspruch einen negativen Bescheid erhalten. Personen ohne Schutzanspruch sollen innerhalb von höchstens 140 Tagen das Land verlassen – eine mögliche Beschwerde gegen den negativen Bescheid eingerechnet. Das betrifft insbesondere Asylbewerber vom Westbalkan und aus afrikanischen Staaten wie Marokko und Nigeria, deren Asylanträge bereits seit 2012 beschleunigt bearbeitet werden. Der Effekt: Asylanträge aus diesen Ländern gingen zurück.
Die zweite Kategorie komplexerer Verfahren betrifft Asylgesuche, bei denen weitere Nachforschungen erforderlich sind. Diese Anträge werden innerhalb eines Jahres entschieden und die Bewerber werden dezentral untergebracht, wofür die Kantone und Gemeinden zuständig sind.
Die Schweiz ermöglicht Rechtsbeistand für alle Flüchtlinge
Die Beschleunigung der Asylverfahren geht in der Schweiz nicht auf Kosten der Qualität der Rechtsentscheide. Flüchtlinge erhalten während des gesamten Verfahrens vom Bund finanzierte Rechtsbeistände. Das erhöht nicht nur die Transparenz für die Asylbewerber, sondern auch die Akzeptanz möglicher negativer Bescheide und den Verzicht auf aussichtslose Klagen.
Unumstritten ist das neue Verfahren auch in der Schweiz nicht. Zwar beschloss das Schweizer Parlament im vergangenen Herbst, das in Zürich erprobte Verfahren für das gesamte Land einzuführen. Doch erst eine Volksbefragung in diesem Jahr wird entscheiden, ob die Reform Bestand hat.
Was kann Deutschland von der Schweiz lernen?
Trotz begrenzter Vergleichbarkeit der Flüchtlingssituationen in Deutschland und der Schweiz lässt sich von unseren Nachbarn lernen: Die Kategorisierung der Asylgesuche, eine klare Verfahrensstruktur mit Zeitvorgaben und Beschleunigung der einfachen Verfahren, die Verbesserung der Qualität durch Rechtsbeistände sowie die Entlastung der Gemeinden durch die Bundeszentren haben Vorbildcharakter. Diese Maßnahmen fördern die Funktionsfähigkeit und Fairness des Asylsystems.