Messerstecherei in der chinesischen Provinzhauptstadt Kunming, Verhaftungen wegen Korruptionsverdachts auf höchster politischer Ebene – vor diesem Hintergrund tagte vom 5. bis 13. März der Nationale Volkskongress, das chinesische Parlament, in Beijing.
Ministerpräsident Li Keqiang berichtete bei der Eröffnung des Nationalen Volkskongresses (NVK) am 5. März zunächst über die Arbeit der Regierung im vergangenen Jahr und widmete sich dann ausführlich den Regierungsplänen für 2014. Dazu zählte – national und international mit Spannung erwartet – die Zielvorgabe für das diesjährige Wirtschaftswachstum: Wie schon im vergangenen Jahr liegt diese bei 7,5 Prozent.
Ein wichtiger innenpolitischer Schwerpunkt sollen 2014 die Vertiefung der Strukturreformen, zum Beispiel in öffentlicher Verwaltung und Finanzen, sowie mehr Kooperationsmöglichkeiten zwischen Staatsunternehmen und dem privaten Sektor in staatlich monopolisierten Branchen (zum Beispiel Finanzen, Rohstoffe oder Eisenbahn) sein. Finanzinstitutionen werden mehr Eigenständigkeit bei der Festsetzung der Zinsen erhalten, was auf eine weitergehende Liberalisierung der – bislang stark regulierten – Finanzmärkte hindeutet.
Darüber hinaus soll die Modernisierung der Armee vorangetrieben werden und die Militärausgaben insgesamt weiter steigen, was sich zum Teil auf den schwelenden Territorialkonflikt zwischen Japan und China im ostchinesischen Meer zurückführen lässt.
Große Aufmerksamkeit widmete der NVK dem "Aufbau einer ökologischen Zivilisation". Dieses Schlagwort fasst den Themenkomplex Umweltschutz und ressourcenschonende Entwicklung zusammen. Die chinesische Regierung will Energieerzeugung und -verbrauch stärker umgestalten und Chinas "grüne" Entwicklung endlich voranbringen. Dafür ist der weitere Ausbau erneuerbarer Energien, wie Solar- oder Windkraft, aber auch der Nutzung von Kernkraft geplant. Zudem wurde auf Empfehlung der NVK-Abgeordneten in den Arbeitsbericht der Zusatz eingefügt, dass der Einsatz von Fahrzeugen mit neuen Antriebstechnologien ausgeweitet werden solle.
Ein Versprechen, das deutsche Investoren aufhorchen lassen könnte, besteht in der Ankündigung, die Angleichung der Wettbewerbsbedingungen für Investoren noch mehr voranzutreiben: So soll ein "Geschäftsumfeld geschaffen werden, in dem inländische und ausländische Unternehmen gleichberechtigt sind und in fairem Wettbewerb zueinander stehen". Bislang stoßen ausländische Investoren in China nach wie vor auf diskriminierende Praktiken, was für die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen eine Belastung darstellt.
Ein wichtiges Thema war zudem der Aufstieg Chinas und chinesischer Unternehmen in der globalen Wertschöpfungskette: Unternehmen sollen ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit steigern und sich Zugang zu Spitzentechnologie verschaffen, zum Beispiel durch Zukäufe im Ausland. Daher soll das administrative Verfahren für Auslandsinvestitionen chinesischer Unternehmen, das für diese eine Behinderung darstellt, noch stärker als zuvor reformiert und dezentralisiert werden. Das erhöht die Flexibilität und Manövrierfähigkeit chinesischer Auslandsinvestoren. Für diese war Deutschland schon in der Vergangenheit ein wichtiges Ziel. Vor allem Technologieführer aus dem Mittelstand wechselten in chinesischen Besitz. Eine Fortsetzung dieser Entwicklung ist angesichts der angekündigten Reformen zu erwarten.
Der Praxistest dieser Reformankündigungen, die auf dem Papier zum Teil vielversprechend klingen, steht jedoch noch bevor. Dabei handelt es sich – wie Minxin Pei im aktuellen Asia Policy Brief der Bertelsmann Stiftung titelt – auch um eine "Bewährungsprobe" für die neue chinesische Führung um Staatspräsidenten Xi Jinping.