Fast 90 Prozent fordern demgegenüber eine neue Wirtschaftsordnung, in der der Umweltschutz einen höheren Stellenwert hat als bisher und die den sozialen Ausgleich in der Gesellschaft anstrebt. Weiterhin glauben die Befragten, dass diese Anforderungen prinzipiell miteinander vereinbar sind.
"Die Soziale Marktwirtschaft ist über Jahrzehnte eine stabilisierende und ausgleichende Kraft in unserem Land und damit auch ein Garant für den sozialen Zusammenhalt. Auf ihrem Fundament muss jetzt eine langfristige Strategie zum Umgang mit Krisen entwickelt werden. Vertrauen, Nachhaltigkeit und sozialer Ausgleich müssen die Grundpfeiler einer solchen Strategie sein", so Dr. Gunter Thielen, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung.
Drei Viertel der Bürger akzeptieren auch einen geringeren Zuwachs an materiellem Wohlstand, wenn dadurch die Umwelt für künftige Generationen besser erhalten und die öffentliche Verschuldung gesenkt werden könnte.
Zugleich breitet sich bei den Befragten Skepsis aus. Wirtschaftliches Wachstum ist zwar für 93 Prozent wichtig, um die Lebensqualität zu erhalten, allerdings nicht um jeden Preis. Einen Wohlstand, der durch Schädigung der Umwelt oder hohe Staatsverschuldung erkauft wird, lehnen mehr als 80 Prozent ab.
"Ich habe den Eindruck, dass Politik und Wirtschaft, bei all dem globalen Aufbruchswillen der vergangenen Jahre, zu wenig den Dialog mit den Menschen gesucht haben. Zu selten wird gefragt: Was braucht der Mensch? Wenn wir das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen wollen, müssen wir sie einbeziehen", so Liz Mohn, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung.
Bei der Frage, ob immer mehr Wirtschaftswachstum auch zu mehr Lebensqualität führt, zeigt sich die Bevölkerung deutlich gespalten. 36 Prozent der Bundesbürger bejahen die Frage, 61 Prozent teilen die Ansicht nicht. Allerdings unterscheiden sich die Altersgruppen in ihren Antworten. Während 48 Prozent der 14 bis 29-Jährigen zustimmen, sind es bei den über 59-Jährigen lediglich 27 Prozent.
Die eigentlichen Quellen persönlicher Lebensqualität, so zeigt die Umfrage, sind überwiegend immaterieller Natur. Gesundheit (80 Prozent), eine intakte Familie und Partnerschaft (72 Prozent), sein Leben selbst zu bestimmen (66 Prozent) und das friedliche Zusammenleben mit Menschen sowie soziales Engagement (58 Prozent) werden mit Abstand für wichtiger gehalten, als "Geld und Besitz zu mehren" (12 Prozent).
Die Themen der Umfrage stehen auch im Mittelpunkt des Salzburger Trilogs 2010. Internationale Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft diskutieren darüber, wie eine neue Wirtschaftsordnung aussehen könnte, die nicht nur auf quantitativem Wachstum beruht, sondern auch die Teilhabe von Menschen ermöglicht und den "ökologischen Fußabdruck" verringert.
Für die repräsentative Erhebung wurden 1.001 Frauen und Männer in Deutschland vom 12. bis 13. Juli 2010 befragt.
Weitere Informationen finden Sie in der Spalte rechts neben diesem Text.
Downloads
- Kurzbericht: Bürger wollen kein Wachstum um jeden Preis (128 KB)
- Grafik: Was den Bürgern für ihre Lebensqualität wichtig ist (402 KB)
- Grafik: Mehr Lebensqualität durch Wirtschaftswachstum? (247 KB)
- Background paper on qualitative growth: Building Blocks for Ethical Market Economies in the 21st Century (788 KB)