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Kleines Land, globale Nation: Im Gespräch mit Armeniens Staatspräsidenten

In diesem Frühjahr gingen in Armenien hunderttausende, vor allem junge Menschen, auf die Straße, um für ihre demokratische Zukunft friedlich zu demonstrieren. Diese "Samtene Revolution" hat einen Machtwechsel und Neuwahlen eingeleitet. Doch wie geht es nun weiter mit dem Land im Kaukasus? Darüber diskutierten wir mit dem armenischen Staatspräsidenten Armen Sarkissian und Staatsminister Michael Roth.

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Miriam Kosmehl
Senior Expert Eastern Europe and EU Neighbourhood

Die armenische "Samtene Revolution" im Frühjahr 2018 hat bereits jetzt einen Platz in den Geschichtsbüchern sicher. Die Demonstrationen auf den Straßen der Hauptstadt Eriwan gehörten zu den umfangreichsten, friedlichen Protesten in einer ehemaligen Sowjetrepublik, die zu einem Machtwechsel geführt haben. Auslöser für den Unmut der Bevölkerung war der geplante Postenwechsel des damaligen Staatspräsidenten Sersch Sargsjan. Er wollte, entgegen seiner Versprechungen, nach zehn Jahren als Präsident seine Macht nicht abgeben und ließ sich von seiner Partei zum Premierminister wählen. Schließlich beugte er sich doch der Stimme des Volkes und trat als Premierminister zurück. Im Dezember stehen nun Neuwahlen des Parlaments an.

Wie geht es jetzt weiter mit dem kleinen Land, das wirtschaftlich und geopolitisch auf Partner angewiesen ist und geographisch in ein sensibles Machtgefüge zwischen Russland, der Türkei und Aserbaidschan eingebettet ist?

Gespräch mit Politikern, Wissenschaftlern und Jugendlichen

Gemeinsam mit der Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa haben wir in Berlin zum Gespräch mit dem aktuellen Staatspräsidenten Armeniens, Armen Sarkissian, und dem Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, eingeladen. Dabei spielte die Stimme der Jugend nicht nur in Erzählungen von armenischen Protestzügen eine wichtige Rolle, sondern auch bei der Diskussion in Berlin. Neben geladenen Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft waren auch fast 100 Studentinnen und Studenten ins voll besetzte Auditorium gekommen, um ihre Fragen zu stellen.

Armenien: Brückenbauer zwischen Europa und Asien?

Armen Sarkissian machte in seiner Rede deutlich, dass Armenien als Knotenpunkt zwischen Europa und Asien ein wichtiger Brückenbauer für Wirtschaft und Gesellschaft sein könne: "Im 21. Jahrhundert bestimmen Geschwindigkeit und permanente Wechsel unser Leben. Das ist eine Chance für Armenien, denn wir brauchen heutzutage keine Schwerindustrie mehr, um den Menschen Arbeit zu geben, sondern Bildung und Kreativität", so Staatspräsident Sarkissian.

Staatsminister Roth: "Armenien gehört zu Europa"

Staatsminister Roth gratulierte Armenien zunächst zu dem friedlichen und mit Blick auf die anstehende Parlamentswahl, auch demokratischen Machtwechsel im Land: "Armenien gehört zu Europa und kann Vorbild für viele Transformationsländer sein, selbstbestimmt und souverän einen Weg Richtung Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu gehen", so der Staatsminister. Die EU habe die östlichen Winkel des Kontinents zu lange vernachlässigt. Armenien sollte nun auf seinem Weg von Europa unterstützt werden, so Roth.

Für eine freiheitliche und prosperierende armenische Zukunft spiele gewiss auch das Alter eine Rolle, aber nicht allein im physischen Sinne, wie Armeniens Staatspräsident anmerkte: "In Armenien sind viele junge Menschen zuhause. Doch entscheidend ist, dass wir jung und aufgeschlossen im Denken bleiben. Nur so können wir unsere Chancen im 21. Jahrhundert ergreifen", so Armen Sarkissian.