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Nach dem Brexit: Katerfrühstück oder Frühlingserwachen?

Der Brexit kommt. Nicht mehr auf leisen Sohlen, sondern mit der Wucht eines heranrauschenden Tanklasters. Was dies für die Zeit nach dem 29. März 2019, dem offiziellen Stichtag für den Austritt Großbritanniens, bedeutet, diskutierten in Berlin Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft.

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Gibt es noch einen „Deal“ oder steht das Chaos eines ungeordneten Brexit bevor? Diese Frage schwebte über der Konferenz „Beyond Brexit“, die von der Britischen Botschaft gemeinsam mit dem Programm Europas Zukunft von der Bertelsmann Stiftung am 6. November 2018 in Berlin organisiert wurde. Obwohl einzelne Teilnehmer immer wieder die Möglichkeit eines erneuten Referendums oder die Ablehnung eines Brexit-Deals durch das britische Parlament einwarfen, waren sich die meisten Teilnehmer einig, dass der Austritt sicher bevorstehe.

Dennoch können sich die EU und Großbritannien nicht wie ein zankendes Ehepaar auf immer Lebewohl sagen. Vielmehr gilt es für beide Seiten, die Zusammenarbeit auch nach dem britischen Austritt so gut wie möglich zu gestalten. Großbritannien und Europa haben mit oder ohne Europäische Union eine so enge Bande geknüpft, dass die Briten zukünftig nicht wie irgendein Drittstaat behandelt werden sollten, warb Robin Walker, britischer Parlamentsabgeordneter für die Konservative Partei und Staatssekretär für Brexit-Angelegenheiten. Allein aus Deutschland fließen jährlich über 100 Milliarden Euro an Investitionen auf die Insel und wöchentlich landen über 2.000 Verkehrsflüge aus Deutschland irgendwo zwischen London und Belfast.

Schwerpunkt der Konferenz waren zwei Podiumsrunden zu den zukünftigen Wirtschafts- und Sicherheitsbeziehungen der EU mit dem Vereinigten Königreich. Trotz aller wohlwollenden Absichtsbekundungen pochten die europäischen Vertreter in der Debatte auf ein Verbot sogenannter „Rosinenpickerei“. Denn das, so erklärten einige Teilnehmer, würde für die EU gefährliche Nachahmereffekte bedeuten. So könne sich zum Beispiel Polen ohne ein umfassendes, verpflichtendes Bekenntnis zur EU Vertragsverletzungsverfahren oder europäischer Rechtsprechung entziehen, aber weiterhin die Hände für Brüsseler Subventionen für Infrastruktur und Landwirtschaft aufhalten. Daher bleibt die Brüsseler Devise bei Austrittsverfahren: rein oder raus!

So blieb am Ende die Frage, ob es doch noch mit einem ambitionierten Deal für beide Seiten klappen werden – und die Annahme, dass es weder zu einer völligen Katastrophe noch zu einer neuen Blütezeit der europäisch-britischen Beziehungen kommen werde. Und wenn doch alles anders kommen sollte, dann sei man sich einer Sache sicher: Die Bedeutung und der Einfluss Deutschlands in unzähligen Lebensbereichen – von Goethe bis zum Fußballspieler Leroy Sané –  sind auf der Insel unumstritten und werden auf lange Sicht Bestand haben. Nur im Cricket werde Großbritannien den „Krauts“ ewig überlegen sein.