Ein Ausweg aus der Sozialkostenfalle

Die Sozialausgaben sind eine zentrale Ursache der regionalen Haushaltskrisen. Der Bund hat im Koalitionsvertrag Hilfen zugesagt. Es wird Zeit, dies umzusetzen. Die Bertelsmann Stiftung hat einen Vorschlag entwickelt.

Die kommunalen Sozialausgaben sind auf Rekordniveau. Für das Jahr 2014 werden 78 Milliarden Euro erwartet. Ein Anstieg von über 50% binnen zehn Jahren. Das verschärft die Haushaltskrise der ohnehin hoch verschuldeten Städte und Kreise. Der Koalitionsvertrag des Bundes stellt den Kommunen zwar eine Entlastung in Höhe von jährlich 5 Milliarden Euro ab 2018 in Aussicht. Wie diese Zusage umgesetzt werden soll, ist jedoch nach wie vor unklar. Die Bertelsmann Stiftung hat den gesamten Katalog der kommunalen Sozialaufgaben untersucht, um die Leistung zu finden, die den armen Kommunen am besten hilft.

Wer die Kommunen von sozialen Ausgaben entlasten will, muss die dahinter stehenden Aufgaben kennen. Das ist nicht trivial, denn der Leistungskatalog der Kommunen ist lang. Jede Aufgabe hat ihre Geschichte, Trägerstruktur, Dynamiken in den Fallzahlen und Ausgaben, örtliche Ermessensspielräume etc. Das Alles gilt es zu beachten, wenn die Frage beantwortet werden soll, welche Aufgabe der Bund anteilig finanziert.

Die gesuchte Leistung muss bestimmte Bedingungen erfüllen: Sie muss in ihren Standards bundesweit einheitlich geregelt sein. Das örtliche Ermessen der Kommune muss gering sein. Die Ausgaben sollten in armen Kommunen geballt anfallen. Die Ausgabe sollte auch in allen Ländern tatsächlich eine kommunale sein. Im Katalog kommunaler Sozialaufgaben erfüllt im Grunde nur eine Leistung diese Kriterien: Die Kosten der Unterkunft der Hartz 4 Empfänger.

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Hartz 4 Kosten als Lösungsansatz

Vor allem für wirtschaftsschwache Kommunen mit hoher Langzeitarbeitslosigkeit und geringen Steuereinnahmen sind die Ausgaben für die Kosten der Unterkunft ein drängendes Problem. Bundesweit beliefen sie sich auf 14 Milliarden Euro. Im wirtschaftsstarken Baden-Württemberg binden sie lediglich 3 Prozent der kommunalen Etats, im strukturschwachen Sachsen-Anhalt hingegen 11 Prozent. Die Belastung der Stadt Magdeburg etwa ist fast zehn Mal höher als jene im baden-württembergischen Kreis Hohenlohe.

Die Übernahme der Wohnkosten für Hartz-4-Empfänger ist daher der entscheidende Hebel für den Bund, den armen Kommunen gezielt zu helfen. Die Ausgaben sind vor Ort durch die Kommune nicht steuern. Sie fallen quasi automatisch an. Je ärmer eine Kommune, desto höher ist die Belastung. Desto größer wäre im Gegenzug auch die Entlastung durch den Bund. Die Bertelsmann Stiftung schlägt vor, dass der Bund die zugesagten 5 Milliarden Euro nutzt, um seinen bereits bestehenden Finanzierungsanteil aufzustocken. Im Ergebnis trägt er dann zwei Drittel der Kosten. Im Gegenzug muss der Bund die Möglichkeit erhalten, die Ausgaben über Kennzahlen zu steuern. Denn, wer bezahlt, darf auch Acht geben, nicht zu viel zu zahlen.

Viele Ausgaben scheiden aus

Es gibt durchaus größere Ausgabepositionen im Katalog der Sozialleistungen, denken wir an KITA oder die Sozialhilfe. Sie haben aber entscheidende Nachteile: sie werden in manchen Ländern nicht kommunal sondern durch Landesbehörden getragen. Oder sie stehen, wie die KITA, nicht in Zusammenhang zur Armut einer Stadt. Manche weisen regional so große Unterschiede in den Handlungsstrategien, Standards und Ausgaben aus, dass sie durch den Bund nicht steuerbar sind. Hier sollte sich der Bund nicht beteiligen.

Chancen nutzen

Die Zusage des Bundes im Koalitionsvertrag ist eine Chance, die wir nutzen müssen, um gezielt den armen Städten zu helfen. Ob der Bund eine solche Hilfe in Zukunft noch einmal anbieten kann, ist fraglich. Selbstverständlich ist auch bei diesem Vorschlag die eine oder andere juristische Hürde zu überwinden. Sie sind aber niedriger, als bei allen anderen Optionen. Schwieriger ist die politische Diskussion. Denn die Entscheidung trifft der Bund mit den Ländern. Und die haben eigene Interessen.