Stadtbibliothek Gütersloh

Stadtbibliothek Gütersloh

Zum Auftakt des Projektes veranstaltete die Bertelsmann Stiftung im Mai 1996 eine internationale Konferenz zum Einsatz von elektronischen Medien in öffentlichen Bibliotheken. Ziel war es dabei, durch den Erfahrungsaustausch besonders mit Bibliotheken aus anglo-amerikanischen Ländern die Grundlagen eines umfassenden Konzeptes zum Einsatz elektronischer Medien in der Stadtbibliothek Gütersloh zu erarbeiten.

Beschreibung

Die Stadt Gütersloh und die Bertelsmann Stiftung arbeiten bereits seit dem Neubau und dem Betrieb der Stadtbibliothek Gütersloh zusammen. Diese Bibliothek soll eine Grundlage für die freie Meinungsbildung aller Bürger schaffen und eine breite Basis bieten für eine freie geistige Betätigung, für Aus- und Weiterbildung sowie für Unterhaltung im Sinne einer sinnvollen Freizeitgestaltung.Als kultureller Mittelpunkt und als eine zentral gelegene Begegnungsstätte soll sie die Urbanität der Stadt Gütersloh fördern. Im Hinblick auf Organisation und Ausstattung soll sie Modellcharakter erreichen. Nach umfangreichen, intensiven Konzeptions-, Planungs- und Vorbereitungsarbeiten wurde im April 1982 mit dem Bau der neuen Bibliothek begonnen. Ihm lag - erstmals in der Bundesrepublik Deutschland - ein Entwurf zugrunde, der konsequent nach der Konzeption der Dreigeteilten Bibliothek gestaltet wurde.Nach Fertigstellung des Gebäudes im Dezember 1983 und nach einer mehrmonatigen Einrichtungsphase fand Anfang Mai 1984 die Eröffnung der neuen Bibliothek statt. Den Benutzern werden seitdem weit über 100000 Medieneinheiten - Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Schallplatten, Cassetten, Videofilme, Dias, Bilder und Spiele - angeboten. Dieser Bestand wird in den kommenden Jahren unter Berücksichtigung der Benutzerinteressen auf 150.000 Medieneinheiten anwachsen. Mit dem Modellprojekt Stadtbibliothek Gütersloh ist erstmalig die Zusammenarbeit einer Stadt und einer privaten Stiftung in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung bei Planung, Bau und Betrieb einer öffentlichen Bibliothek praktiziert worden.Für die Stadtbibliothek Gütersloh wurde daher das erstmalig verwirklichte Konzept einer Integration aller Bestände entwickelt. Es baut auf der Organisationsform der Dreigeteilten Bibliothek auf:

  • Der Fernbereich ist das Magazin, das für die Benutzer in der Regel nicht zugänglich ist und nur über Kataloge erschlossen wird.
  • Der Mittelbereich entspricht dem konventionellen Freihandbereich und ist der eigentliche Mittelpunkt der Bibliothek. Er ist durch Kataloge sowie im Sachbuchbereich durch eine systematische Buchaufstellung, im Romanbestand mit zusätzlichen Orientierungshilfen zur alphabetischen Aufstellung zu erschließen.
  • Der Nahbereich - darin unterscheidet sich die Dreigeteilte Bibliothek vor allem von den althergebrachten Bibliotheken - liegt im Eingangsbereich; er gilt als Marktplatz. Die Bücher werden nach den Interessen der Benutzer aufgestellt. Auf Kataloge wird ganz verzichtet.

Im Mittelbereich wurde zugunsten einer Integration aller Bestände auf den klassischen Lesesaal, eine separate Mediothek und die Zeitschriftenabteilung verzichtet. So findet der Besucher neben dem Buchangebot auch andere, den gleichen Schwerpunkt betreffende Angebote, wie audiovisuelle Medien, Zeitschriften oder Nachschlagewerke. Die Abhörplätze sind dezentralisiert und können in Selbstbedienung genutzt werden. Ein Bestand von zur Zeit fast 600 Videofilmen ergänzt schwerpunktmäßig thematische Angebote zum Beispiel zu Kunst, Sprachkursen, Reiseländern oder Gesundheitsfragen.

Der Nahbereich der Bibliothek, der an das Lesecafe im Eingangsbereich der Bibliothek anschließt, lässt das Bestreben, Benutzerfreundlichkeit zu erreichen, besonders deutlich werden. Da das Verhalten der Bibliotheksbesucher bei der Suche und Auswahl von Büchern und anderen Medien stark von unterschiedlichen persönlichen, aktuell veränderlichen Interessen geprägt ist, würde eine ausschließlich alphabetische oder streng systematische Buchaufstellung dem nicht entsprechen. Im Bereich der Schönen Literatur steht häufiger das Genre im Vordergrund und nicht der Name eines Autors; bei Sachbüchern sind es Themen von gesellschaftlichem Interesse, das aktuelle Geschehen, Bücher, die im Gespräch sind, oder auch jahreszeitlich bedingte Themen. Nach diesen Prinzipien werden die Angebote für den Bibliotheksbesucher in lockerer Präsentation zusammengestellt:

In Ständern, Karussells, Körben, auf Grabbeltischen werden die Medien optisch anziehend, vielfach in frontaler Präsentation, angeboten. Dazwischen weisen Plakatständer auf kulturelle Veranstaltungen im Haus, in Gütersloh und in der Region hin. Mit seiner besonderen Atmosphäre und dem einladenden Cafe hat sich der Nahbereich als der attraktivste Bereich der Bibliothek erwiesen, was unter anderem an den permanent hohen Ausleihzahlen der Bestände ablesbar ist. Durch den Wegfall von Katalogisierung, Systematisierung und Sortierung, den damit verbundenen geringen Arbeitsaufwand und die gleichzeitige hohe Akzeptanz ergibt sich für den Nahbereich das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis der Bibliothek. Die Kinder- und Jugendbibliothek ist als Erlebnisbereich konzipiert. Werk-, Spiel- und Veranstaltungsräume bieten neben Lesen, Hören und Spielen Möglichkeiten zu einer aktiven und kreativen Auseinandersetzung mit dem Medienangebot. Die Auflösung der Systematik im Kindersachbuchbereich und die Präsentation der Bestände in Interessenkreisen haben sich voll bewährt. Die Kinder finden selbständig das von ihnen Gesuchte; trotz sinkender Geburtenraten sind die Ausleihzahlen in der Kinder- und Jugendbibliothek stetig angestiegen.

Fünf Jahre nach der Eröffnung im Jahr 1984 gilt die Stadtbibliothek Gütersloh als eine der bekanntesten öffentlichen Bibliotheken und ist zu einem „Mekka" von interessierten Besuchern des In- und Auslandes geworden. Der Stellenwert, den die Bibliothek als kulturelle Institution in der Stadt Gütersloh inzwischen einnimmt, lässt sich nicht nur an eindrucksvollen Zahlen der bisher etwa 50.000 ausgestellten Ausweise (bei 83.000 Einwohnern) ablesen. Auch die Zahl der Ausleihen steigt von Jahr zu Jahr und beträgt durchschnittlich 530.000 Medieneinheiten, das sind Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Schallplatten, CDs, Cassetten, Videofilme, Dias, Bilder und Spiele. Diese quantitative Leistungsmessung spiegelt jedoch nur unvollkommen Funktion, Aufgabe und Akzeptanz einer öffentlichen Bibliothek wider. Mit ihrer Vielzahl regelmäßiger Veranstaltungen, Führungen und Ausstellungen hat die Bibliothekinzwischen einen festen Platz im kulturellen Leben der Stadt eingenommen.

Aufgrund der starken Nutzung wurden 1993/94 der Umbau und die Erweiterung der Kinder- und Jugendbücherei sowie die Anpassung der EDV notwendig. Beide Vorhaben wurden von der Bertelsmann Stiftung finanziell unterstützt.

1996 hat die Stadtbibliothek einen weiteren Schritt unternommen, um ihr Angebot noch leistungsfähiger zu gestalten. Ausgangspunkt der Neukonzeption sind neben einem veränderten Medienund Freizeitverhalten der Kunden besonders der sich stetig wandelnde Medienmarkt sowie notwendige Anpassungen der Organisation, die auch die Grundzüge der Verwaltungsreform berücksichtigen. In einem dreijährigen Projekt, das im Sommer 1996 begann, werden die Medienpräsentation kundengerecht weiterentwickelt, elektronische Medien in das bestehende Angebot der Bibliothek integriert, die Betriebsorganisation weiter dezentralisiert sowie das damit einhergehende Controlling verbessert. Zudem strebt die Stadtbibliothek Gütersloh an, Methoden zur Erhöhung des Kostendeckungsgrades durch alternative Teilfinanzierung zu erproben. Zum Auftakt des Projektes veranstaltete die Bertelsmann Stiftung im Mai 1996 eine internationale Konferenz zum Einsatz von elektronischen Medien in öffentlichen Bibliotheken. Ziel war es dabei, durch den Erfahrungsaustausch besonders mit Bibliotheken aus anglo-amerikanischen Ländern die Grundlagen eines umfassenden Konzeptes zum Einsatz elektronischer Medien in der Stadtbibliothek Gütersloh zu erarbeiten.

So hat sie im November 1996 als erste öffentliche Bibliothek in Deutschland ein Internet-Cafe eröffnet, das allen Bürgern das Kennenlernen und den Zugang zur weltweiten Datenautobahn ermöglicht. Der neue Service soll das traditionelle Angebot an Printmedien, Videos und CDs sinnvoll ergänzen und vor allem die Jugendlichen als wichtige Zielgruppe an die Bibliothek binden. In einem zweiten Schritt wurde im Mai 1997 erstmals ein umfassendes Angebot an CD-ROMs zur Ausleihe bereitgestellt.

Kundenorientierung wird auch in der im Januar 1998 eröffneten Elternbibliothek großgeschrieben. Mit direktem Blickkontakt zur Kinderbibliothek finden die Erwachsenen hier 4 700 Titel zu den verschiedensten Fragen und Problemen, die sich im Zusammenleben mit Kindern ergeben können. Eine erste Besucherbefragung belegt den Erfolg dieses Modells: 81 Prozent der Angesprochenen sind mit der Elternbibliothek insgesamt sehr zufrieden, für die neuen Präsentationsformen vergeben sogar 94 Prozent Bestnoten.

46 Prozent der Gütersloher Bürger sind Kunden ihrer Stadtbibliothek, so das Ergebnis einer repräsentativen Infas-Umfrage. Im Bundesdurchschnitt liegt der Vergleichswert bei nur 30 Prozent. Erfolge verzeichnet die Gütersloher Einrichtung auch bei den Ausleihen: 1997 wurden 609 000 Verbuchungen registriert, das sind 6 Prozent mehr als im Vorjahr. Jeder Einwohner hat die Stadtbibliothek im Durchschnitt dreimal im Jahr besucht und dabei 7 Titel entliehen. Es wurden 895 Kunden pro Tag und 278 Ausleihen in der Stunde gezählt. 1997 hat die Stadtbibliothek Gütersloh mehr als 13 000 neue Medien angeschafft, das sind 10 Prozent ihres Gesamtbestandes. Jeder der 130 000 Titel wurde im Durchschnitt fünfmal ausgeliehen.

Im Mittelpunkt stand im vergangenen Jahr der Ausbau des Bestandes an elektronischen Medien. In der im Sommer 1999 eröffneten Computerbibliothek stehen dem Besucher neben 2400 Titeln zum Thema Computer acht PCs für Text- und Bildbearbeitung, elektronische Kommunikation per E-Mail und Recherche im Internet zur Verfügung. Die Verbindung von Büchern und Zeitschriften mit elektronischen Medien im gesamten Angebot wurde mit weiteren Terminals an zahlreichen Stellen in der Bibliothek realisiert. Die Kunden finden so die gesamte Palette der Medien vor: Bücher und Zeitschriften werden durch CD-ROMs und das Internet ergänzt. Das gesamte Angebot der Bibliothek lässt sich auf ihrer Website abrufen. (www.stadtbibliothek-guetersloh.de) Kundenorientierung steht auch bei der Präsentation des Angebotes im Vordergrund. Nach dem Vorbild des Einzelhandels wurde das Erdgeschoss komplett umgestaltet: Auch hier gewährleistet das Miteinander der verschiedenen Medien einen optimalen überblick über alle zur Verfügung stehenden Informationen. Die dortigen Bestände der Bibliothek werden nun doppelt so häufig ausgeliehen wie früher.

In der 1998 eröffneten Elternbibliothek erhöhten sich die Ausleihen pro Titel im vergangenen Jahr um 20 Prozent. Die für Eltern relevanten Themenbereiche werden in unmittelbarer Nähe zur Kinderbibliothek präsentiert.

Insgesamt nahmen 1999 die Gütersloher 672 000 Titel mit nach Hause, pro Kopf wurden sieben Stück ausgeliehen. Im Schnitt wurde jeder der 133 000 Medientitel mehr als fünfmal aus der Bibliothek getragen. Insgesamt wurden 14 Prozent des Medienbestandes erneuert. 288 000 Kunden gingen im vergangenen Jahr ein und aus, das sind täglich 940 Menschen. Auch virtuell wurde die Bibliothek gut frequentiert: Bis zum Jahresende 1998 verzeichnete die Homepage fast 16 000 Besucher. Im Schnitt lädt alle elf Minuten ein Internet-Teilnehmer eine Seite der Stadtbibliothek herunter.