Heterogenität und Bildung

Heterogenität und Bildung

Heterogenität ist Normalität. Heute hat bereits jedes dritte Grundschulkind einen Migrationshintergrund. Die Vielfalt der kulturellen und sozialen Hintergründe, der Begabungen, aber auch der unterschiedlichen Lernausgangslagen stellen zusätzliche Anforderungen an Schule und Unterricht. Unserem Schulsystem gelingt es bislang nicht, der zunehmend heterogenen Schülerschaft faire Bildungschancen zu bieten: In Deutschland hängt der Bildungserfolg wie in kaum einem anderen Land von der Herkunft ab. Die Bertelsmann Stiftung setzt sich aus diesem Grunde ganz bewusst für die Stärkung des staatlichen Bildungssystems ein, um allen Kindern und Jugendlichen – unabhängig von ihrem sozioökonomischen oder kulturellen Hintergrund – gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.

Ansprechpartner:innen

Beschreibung

Der Schlüssel zu einem fairen und leistungsstarken Bildungssystem ist die individuelle Förderung aller Kinder und Jugendlichen. Dies ist ein tief greifender Perspektivenwechsel für alle Akteure in den Bildungssystemen, der eine Neubestimmung der Positionen, die Erweiterung von Kompetenzen und wirksame Formen der Zusammenarbeit erfordert. Dieser Perspektivenwechsel kann nur gestaltet werden, wenn alle verfügbaren Kräfte in der Gesellschaft den Akteuren im Bildungswesen zur Seite stehen, mit dem Ziel, jedes Kind, jeden Jugendlichen bestmöglich in seiner Entwicklung zu fördern und zu fordern.

Die Bertelsmann Stiftung möchte dazu beitragen, auf der gesellschaftspolitischen Ebene einen Konsens über ein besseres und zugleich gerechteres Bildungssystem herzustellen. Auf der Ebene der Schulsysteme unterstützt sie bundesländer-übergreifend den systematischen Kompetenzausbau von Lehrkräften. Zugleich will sie zum Abbau derjenigen Systembarrieren beitragen, die individuelle Förderung im Unterricht am stärksten verhindern.

Deutschland ist ein Einwanderungsland mit einer ethnisch, kulturell und sozial vielfältigen Bevölkerung. Heterogenität ist der gesellschaftliche Normalfall in der globalisierten Welt. Unser Land hat eine reiche Bildungstradition, schafft es aber heute noch nicht, jedem Kind – unabhängig von seiner Herkunft – eine faire Chance einzuräumen, sein Potenzial zu entfalten: Internationale Vergleichsstudien zeigen, dass in Deutschland der Bildungserfolg in hohem Maße von dem sozioökonomischen oder kulturellen Hintergrund der Elternhäuser abhängt. Kinder aus sozial schwachen und bildungsfernen Familien sowie aus Zuwandererfamilien haben signifikant schlechtere Bildungschancen.

Die Bertelsmann Stiftung setzt sich aus diesem Grunde ganz bewusst für die Stärkung des staatlichen Bildungssystems ein, um allen Kindern unabhängig von ihrer Herkunft gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen und ihnen Zukunftsperspektiven zu eröffnen. Bildung ist der Schlüssel zur Stärkung des Zusammenhaltes in einer zunehmend heterogenen Gesellschaft.

Leistung und Gerechtigkeit sind kein Widerspruch

Ein modernes Bildungssystem nimmt jedes Kind und jeden Jugendlichen in seiner Einzigartigkeit an und fördert alle bestmöglich. Es muss damit den Anspruch erfüllen, gleichzeitig das Leistungsniveau zu heben und Benachteiligungen auszugleichen. Leistung und Gerechtigkeit sind im Bildungssystem kein Widerspruch – das zeigen auch Länder wie Kanada, in denen fairere Bildungschancen verwirklicht sind. Wir brauchen faire Schulen und starke Schüler! In Deutschland ist dazu ein tief greifender Paradigmenwechsel erforderlich – in unserer Gesellschaft, in den Schulen und bei jeder Lehrerin und jedem Lehrer. Es geht darum, die Vielfalt der Kinder und Jugendlichen wertzuschätzen und angemessen zu berücksichtigen.

Die Schule von morgen fördert individuell

Die Heterogenität von Kindern und Jugendlichen anzuerkennen bedeutet, die Unterschiedlichkeit in den Lernbegabungen, den Lerntypen, den ethnischen und kulturellen Hintergründen zu erkennen und sie im Unterricht zu berücksichtigen. Ein modernes Bildungssystem fördert das Potenzial jedes Kindes und unterstützt individualisiertes Lernen, denn jedes Kind, jeder Jugendliche lernt anders und hat andere Voraussetzungen. Nur durch individuelle Förderung kann es gelingen, dass alle hinreichend motiviert werden und klar definierte ganzheitliche Bildungsziele erreichen. Individuelle Förderung heißt dabei, jedes Kind und jeden Jugendlichen mit seinem Wissensstand und Lernpotenzial zum Ausgangspunkt allen Handelns in der Bildungseinrichtung zu machen. Die Lehrer übernehmen die Verantwortung für die Lern- und Leistungsentwicklung jedes Einzelnen; Sitzenbleiben und Abschulen werden zur Ausnahme. Damit wird auch ein verändertes Verständnis des Lehrerbildes vorausgesetzt. Lehrer nehmen stärker die Rolle des individuellen Lernbegleiters ein, der souverän mit der zunehmenden Heterogenität (bedingt durch Kultur, Begabung, Geschlecht, Behinderung ...) umgehen kann. Sie verstehen die vielfältigen Begabungen und Hintergründe ihrer Schüler als Ressource, arbeiten professionell im Team und erwerben neue Kompetenzen für Diagnose und Förderung. Aus- und Weiterbildung müssen diesen Anforderungen angepasst werden, denn die Lehrkräfte spielen eine Schlüsselrolle für den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen.

Der Reformansatz der Bertelsmann Stiftung

  • Auf der gesellschaftspolitischen Ebene versucht die Bertelsmann Stiftung einen Konsens über ein besseres und zugleich gerechteres Bildungssystem herzustellen.
  • Auf der Ebene der Schulsysteme unterstützt sie bundesländerübergreifend den systematischen Kompetenzausbau von Lehrkräften. Zugleich will sie zum Abbau derjenigen Systembarrieren beitragen, die individuelle Förderung im Unterricht am stärksten verhindern.
  • Auf der Ebene der Schulpraxis wird die Vernetzung von Lehrerinnen und Lehrer unterstützt und für die Verbreitung guter Beispiele für individuelle Förderung gesorgt.
  • Individuelle Förderung erfordert in sozial benachteiligten Stadtteilen weiterführende Maßnahmen, die die Lern- und Lebensbedingungen von benachteiligten Kindern und ihren Familien berücksichtigen. Hierzu werden erfolgreiche Problemlösestrategien in Kommunen mit Brennpunktschulen entwickelt, so dass Schulen zu Orten der Integration werden.

Publikationen

Nils Berkemeyer, Wilfried Bos, Veronika Manitius, Björn Hermstein, Jana Khalatbari