Ein älteres Paar sitzt in einem Strandkorb mit Laptops auf dem Schoß.

Google läuft traditionellen Weiterbildungsanbietern den Rang ab

Einen Sprachkurs am Laptop belegen oder sich ein Computer-Programm auf YouTube erklären lassen – für jeden Zweiten gehört Weiterbildung per Internet zum Alltag. Traditionelle Bildungsanbieter haben es online dagegen schwer. Und sozial gerecht geht es bei der digitalen Weiterbildung auch nicht zu: Es profitieren diejenigen, die beruflich ohnehin erfolgreich sind.

Knapp jeder zweite Erwachsene in Deutschland nutzt regelmäßig digitale Medien zur persönlichen oder beruflichen Weiterbildung. Laut unserem "Monitor Digitale Bildung" gibt es immer mehr Möglichkeiten, eigenständig über das Internet zu lernen. Während wir informell bereits zu großen Teilen digital lernen, steht der Umbruch der Lerngewohnheiten bei den meisten etablierten Anbietern von Fort- und Weiterbildung noch bevor. Vor allem in Volkshochschulen und bei öffentlich geförderten Angeboten dominieren bislang noch klassische Präsenzkurse.

In der Regel gilt: Wer online lernt, der lernt zu Hause. 80 Prozent der Befragten, die sich mittels digitaler Medien weiterbilden, tun das während ihrer Freizeit. Sie treiben ihre Karriere voran, recherchieren zu ihrem Hobby oder suchen nach Technik- und Haushaltstipps. Mit Abstand meistgenanntes Lernmotiv ist die fachbezogene, berufliche Qualifizierung. Es folgen Kultur und Kreativität, Sprachen und Computer-Themen. Das ersetzt nicht die klassische Fortbildung, sondern ergänzt die traditionellen Angebote. Allerdings: Menschen mit geringerer formaler Bildung und Nicht-Berufstätige lernen deutlich seltener digital.

Online-Lernen: Viele schätzen es, dass man frei und eigenständig lernt

Je nachdem, ob sie eher für den Beruf oder für private Zwecke lernen, verwenden Nutzer unterschiedliche Medien. Im beruflichen Kontext greifen sie am liebsten zu Webinaren, Powerpoint-Präsentationen genauso wie traditionellen Fachzeitschriften oder Fachtexten. Privat wird hingegen eher auf YouTube und in sozialen Medien wie Facebook oder bei Wikipedia gelernt. Die umfangreicheren Massive Open Online Courses (MOOCs) nutzt nur ein Prozent der Online-Lerner.

Wer digitale Möglichkeiten für das lebenslange Lernen erschlossen hat, möchte sie nicht mehr missen. Drei von vier Befragten dieser Gruppe können sich nicht mehr vorstellen, wie Weiterbildung ohne den Einsatz digitaler Medien funktionieren soll. Dass man beim Lernen frei und eigenständig ist, wird als größtes Plus angeführt. Den Anlass zu einer Netz-Recherche liefert meist ein konkretes Problem. Woher die Lösung kommt, ist nebensächlich. 

"Suchmaschinen laufen traditionellen Bildungsanbietern im Internet den Rang ab. Den Nutzern bleiben als Quelle meist nur Gatekeeper wie Google und YouTube in Erinnerung."

Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung

Traditionelle Bildungsanbieter im Internet haben es schwer

Folglich konkurrieren Anbieter von Weiterbildung, ob gemeinnützig oder kommerziell, im Netz mit einer Fülle ungeprüfter Inhalte. Welche Inhalte wissenschaftlich-didaktischen Ansprüchen genügen, ist derzeit kaum erkennbar. Dräger regt deshalb eine Definition von Qualitätsstandards an und fordert, dass ein freiwilliges Gütesiegel für digitale Lerninhalte eingeführt wird.

Auch die etablierten Kursangebote von Einrichtungen der Erwachsenenbildung stehen vor einem Wandel. Derzeit setzen die Bildungsanbieter digitale Medien noch eher zurückhaltend ein, doch Trainer, Kursleiter und Geschäftsführung sind sich mehrheitlich einig: Digitalen Angeboten gehört die Zukunft. Drei von vier Leitungsverantwortlichen sind davon überzeugt, digitales Lernen mache ihre Bildungseinrichtung attraktiver. Sie setzen auf leichteren Zugang in dünner besiedelten Regionen, höhere Motivation, mehr individuelle Förderung und bessere Lernergebnisse. 

Digitaler Wandel

Lehrende haben zu wenig Know-how und Fortbildungsmöglichkeiten

Vor allem die privat-kommerziellen Institute richten ihre Angebote neu aus. Zwei Drittel der dortigen Leitungskräfte messen dem Thema strategisch hohe Bedeutung bei. Bei den öffentlich geförderten Einrichtungen sehen das nur 50 Prozent so. Privat-kommerzielle Anbieter sind auch mit der technischen Ausstattung zufriedener (67 Prozent der Einrichtungsleitenden). Bei öffentlich geförderten Einrichtungen sind es nur 36 Prozent. Immerhin 40 Prozent der Trainer und Kursleiter bei privat-kommerziellen Anbietern setzen digitale Medien wie Videos und Powerpoint regelmäßig ein. Von deren Kollegen in Volkshochschulen und im öffentlich geförderten Weiterbildungsbereich tun das nicht einmal halb so viele.

Das volle didaktische Potenzial des digitalen Lernens, etwa für mehr individualisiertes oder selbstgesteuertes Lernen, nutzen die Lehrenden bisher allerdings nicht aus. Dies scheitert am fehlenden Know-how und unzureichenden Fortbildungsmöglichkeiten. Ebenso wie ihre Kollegen an den Schulen und Hochschulen sind die Dozenten in der Erwachsenenpädagogik weitgehend auf sich gestellt, wenn sie neue Medien in ihre Kurse einbauen möchten. 40 Prozent von ihnen haben noch nie an einer Fortbildung zu diesem Thema teilgenommen. Wichtigste Lernquelle bleiben das Selbststudium und der Austausch unter Kollegen.