Ein Chirurg führt eine Operation durch, ihm assistieren zwei Krankenschwestern und ein Anästhetist.

"Die Qualität der Behandlung sollte entscheidend sein"

Würden sich Krankenhäuser auf bestimmte Behandlungen spezialisieren, würde das die Qualität der Versorgung erhöhen. Aber drohen dann nicht auch Schließungen – und den Patienten lange Wege? Thomas Kostera, Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung, antwortet darauf in unserem "Fünf Fragen an..."-Interview.

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Warum raten Sie Krankenhäusern, sich stärker zu spezialisieren?

Thomas Kostera: Wenn ein Krankenhaus sich spezialisiert, steigt die Qualität der Behandlung. Das gilt vor allem für komplexe Operationen, die man im Voraus planen kann. Durch Spezialisierung gewinnen Ärzte und Pfleger an Erfahrung. Es werden Fehler vermieden und es kommt zu weniger Komplikationen oder Todesfällen. Eine passende technische Ausstattung für bestimmte Eingriffe hilft auch, dass die Versorgung effizienter wird.

Wenn das kleine Krankenhaus bei mir vor Ort nur noch bestimmte Behandlungen durchführt, droht ihm dann nicht bald die Schließung?

Thomas Kostera: Wenn ein Krankenhaus eine bestimmte OPs nicht mehr durchführt, heißt das nicht, dass dieses Krankenhaus gleich schließen muss. Oft werden solche Eingriffe so selten durchgeführt, dass sie nur einen geringen Anteil – oft unter 2 Prozent – der gesamten Anzahl an OPs eines Krankenhauses ausmachen.

Aber mit längeren Fahrzeiten muss ich schon rechnen, oder?

Thomas Kostera: Die Fahrzeiten würden sich bei vielen Eingriffen kaum spürbar um wenige Minuten im Vergleich zu heute verlängern. Im Bereich der Hüft-OPs zeigt unsere Simulation, dass sich die durchschnittliche Fahrzeit von neun auf elf Minuten erhöhen würde.  Bei Prostata-Entfernungen wären es zum Beispiel gerade einmal fünf Minuten mehr Fahrzeit, also von 15 auf 20 Minuten.

Wenn die Spezialisierung so viele Vorteile bietet, warum wird sie vielerorts noch gar nicht umgesetzt?

Thomas Kostera: Oft werden Diskussionen ausschließlich um die Erreichbarkeit der Krankenhäuser geführt, obwohl eine wohnortnahe Versorgung gar nicht gefährdet ist. Allein das Land Nordrhein-Westfalen hat trotz ähnlicher Einwohnerzahl und Fläche fast dreimal so viele Krankenhäuser wie die Niederlande. Viel wichtiger wäre es, wenn über die Qualität der Behandlung gesprochen werden würde. Denn die sollte entscheidend sein.

Was muss jetzt geschehen?

Thomas Kostera: Es gibt ja bereits ein Krankenhausstrukturgesetz, das Qualität in den Mittelpunkt stellt. Hier sollen die Länder Vorgaben zur Qualität in ihre Krankenhausplanungen mit aufnehmen. Diese sind für die Länder nicht verbindlich. Sie sollten es aber sein. Auch gibt es bei bestimmten OPs bereits Vorgaben für eine Mindestanzahl, die Krankenhäuser erfüllen müssen. Diese sollten auch tatsächlich eingehalten werden. Wir brauchen solche Mindestmengen auch für weitere planbare OPs, damit die Versorgungsqualität steigt.

Die Fragen stellte Fabian Wachsmuth. Mehr zur Studie "Faktencheck Krankenhausstruktur", auf die sich Thomas Kostera im Interview bezieht, finden Sie hier.