Ausschnitt eines bunt bemalten chinesischen Holzdrachen. Im Hintergrund sind zwei Hochhäuser zu sehen.

Kauft China "Made in Germany"?

Technik aus Deutschland steht weltweit hoch im Kurs – auch in China. Doch nicht bei allen stößt das Interesse aus dem Reich der Mitte auf Begeisterung. Übernahmen durch chinesische Firmen werden mit zunehmender Skepsis beobachtet und teilweise einer ministeriellen Überprüfung unterzogen. Wir haben die chinesischen Investitionen der letzten Jahre analysiert - mit gemischtem Resultat.

Deutschland ist ein attraktives Ziel für ausländische Direktinvestitionen (ADI) aus China. Vor allem sogenannte "Hidden Champions" ­­- Unternehmen, die von der Öffentlichkeit wenig beachtet werden, aber aufgrund ihres technologischen Know-hows große Aufmerksamkeit bei internationalen Investoren genießen - stehen im Fokus der Einkäufer aus Fernost. 2014 flossen 1,4 Milliarden US-Dollar aus dem Reich der Mitte nach Deutschland (1,2 Prozent der gesamten chinesischen ADI). Damit war Deutschland das drittgrößte Empfängerland chinesischer Investitionen in der EU (1. Luxemburg, 2. Großbritannien). Obwohl die Zahlen 2015 mit nur 409,6 Millionen US-Dollar chinesischer Direktinvestitionen vorübergehend eingebrochen sind, scheint 2016 wieder ein Rekordjahr zu werden. Laut chinesischem Handelsministerium haben eigene Investitionen hierzulande zwischen Januar und Juli 2016 im Vorjahresvergleich um 200 Prozent zugelegt.

Der  Zugang zum deutschen und europäischen Markt, qualifizierte Arbeitskräfte, Technologieerwerb und das Qualitätsversprechen "Made in Germany" sind wichtige Gründe für chinesische Investitionen. Als hochentwickeltes Land, das über zukunftsträchtige Schlüsseltechnologien verfügt, steht Deutschland zudem im Fokus der sogenannten "Going-Global-Strategie", die die chinesische Regierung im Jahr 2000 verkündete und die ADI chinesischer Unternehmen fördert. Gleichzeitig argumentieren Kritiker, dass es möglicherweise zu Technologieabzug oder sogar Industriespionage kommen könnte.

Go West: Chinesische Direktinvestitionen können positive Effekte mitbringen

Doch wie sieht die Zwischenbilanz für chinesische Investitionen in Deutschland aus? Chinesische ADI sorgen dafür, dass sich Deutschland und China weiter wirtschaftlich verflechten, bringen frisches Kapital ins Land, schaffen und erhalten Arbeitsplätze. Zudem kann ein chinesischer Investor aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll sein. "Viele deutsche Unternehmen, die in den letzten Jahren in chinesischen Besitz gewechselt sind, haben gute Erfahrungen mit ihren neuen Eigentümern gemacht. Dazu zählen ein langfristiges Bekenntnis zum Standort, Beschäftigungsgarantien und ein verbesserter Zugang zum chinesischen Markt", erläutert Cora Jungbluth, Wirtschaftsexpertin der Bertelsmann Stiftung und Studienautorin.

China und Deutschland: Keine Beziehung auf Augenhöhe

Doch chinesische Übernahmen sind auch kritisch zu sehen. Da ist zum einen die Unsicherheit über den staatlichen Einfluss: Die Eigentumsstrukturen chinesischer Unternehmen sind intransparent und so für Außenstehende eine Black Box. Hinzu kommt in China eine Vielzahl informeller Verflechtungen zwischen Staat und Wirtschaft. Auch chinesische Privatunternehmen können daher nicht vorbehaltlos als Wirtschaftsakteure gelten, die ausschließlich ökonomische Motive verfolgen. Insbesondere der wachsende Einfluss von Unternehmen, die direkt der chinesischen Regierung unterstehen, lässt aufhorchen: Während zwischen 2003 und 2013 insgesamt zehn dieser Unternehmen an Übernahmen in Deutschland beteiligt waren, waren es über einen sehr viel kürzeren Zeitraum von nur 3 Jahren zwischen 2014 und 2016 ebenfalls zehn.

Neben den Verflechtungen zwischen chinesischer Wirtschaft und Staat begegnen sich Deutschland und China außerdem nicht auf Augenhöhe: Die Bundesrepublik bietet chinesischen Investoren freien Marktzugang und hat keinen generellen Schutzmechanismus für deutsche Schlüsseltechnologien. Peking hingegen schützt strategische Industrien bewusst vor ausländischem Zugriff. Daher stoßen deutsche Unternehmen in China auf zahlreiche formale und informelle Barrieren und werden im Vergleich zu einheimischen Unternehmen oft diskriminiert. Auch 15 Jahre nach Chinas WTO-Beitritt finden die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen noch immer nicht auf einem Level statt. "Chinesische Unternehmen genießen hierzulande weitgehende Bewegungsfreiheit. Bei deutschen Unternehmen in China ist das nicht der Fall", so Cora Jungbluth.

Grundsätzlich können beide Seiten von ADI profitieren. Offene Märkte und faire Wettbewerbsbedingungen sind dafür zentrale Voraussetzungen. Wenn China als einer der wichtigsten globalen Wirtschaftsakteure systematisch gegen diese verstößt, bedarf es einer grundsätzlichen Lösung. Der Schlüssel liegt darin, einen Weg zwischen naivem Ausverkauf deutscher beziehungsweise europäischer Interessen und protektionistischem Aktionismus zu finden. Das haben Deutschland und die EU noch vor sich.

Die komplette Studie finden Sie hier.