Foto vom estnischen Staatspräsidenten a.D. und Preisträger des Reinhard Mohn Preises 2017 Toomas Hendrik Ilves.
Jelena Rudi Photography

Pressemeldung, , : Toomas Hendrik Ilves erhält Reinhard Mohn Preis

Der diesjährige Reinhard Mohn Preis zum Thema "Smart Country – Vernetzt. Intelligent. Digital." geht an den ehemaligen estnischen Staatspräsidenten Toomas Hendrik Ilves (63). Mit der Preisvergabe würdigt die Bertelsmann Stiftung Ilves als Vordenker und Antreiber der Digitalisierung in Regierung, Verwaltung und Bildung.Ilves wird den mit 200.000 Euro dotierten Preis am 29. Juni in Gütersloh entgegennehmen.

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Toomas Hendrik Ilves habe mit seinem politischen Gestaltungswillen wesentlich dazu beigetragen, dass Estland einen außergewöhnlichen Digitalisierungsprozess durchschritten hat, heißt es in der Begründung der Bertelsmann Stiftung für die Preisvergabe. Er leistete wichtige Beiträge, die Digitalisierungsbemühungen der einzelnen Ministerien in einer nationalen Strategie zu bündeln. Schneller Internetzugang und mobiles Breitband für alle, Aufbau digitaler Kompetenzen insbesondere bei Kindern und Jugendlichen sowie eine positive, offene Grundhaltung der Esten gegenüber digitalen Technologien: All dies hat Ilves durch sein politisches Wirken maßgeblich befördert.

"Estland ist auch für die Digitalisierung in Deutschland ein richtungsweisendes Beispiel", sagt Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Für die Esten sind Behördengänge eine absolute Ausnahme. Eine elektronische Identifikation samt digitaler Unterschrift erlaubt es Estlands Bürgern bereits seit 2002, nahezu alle notwendigen Behördenkontakte online zu erledigen. 2005 war Estland die erste Nation, die bei landesweiten Wahlen ihren Bürgern ermöglichte, ihre Stimme elektronisch abzugeben. Selbst Ausländer können eine virtuelle Identität beantragen, mit der sie Firmen gründen, Steuererklärungen machen und Bankgeschäfte erledigen können.

Bereits während seiner Amtszeit als Botschafter Estlands in den USA 1995 initiierte Toomas Hendrik Ilves ein wegweisendes Projekt zur Förderung der digitalen Kompetenz in seiner Heimat. Ilves gilt als Vater des sogenannten "Tiger Leap Program", das den Startschuss für eine Reihe digitaler Großprojekte gab, die das Internet in allen gesellschaftlichen Bereichen zum Standard-Werkzeug machen sollen. Das "Tiger Leap Program" machte den Anfang bei den Jüngsten: Die Schulen wurden ans Internet angebunden, mit Hard- und Software ausgestattet, die Lehrer wurden geschult. In einem zweiten Schritt verankerte Estland das e-Learning im täglichen Stundenplan. Das Programm wurde auf die Hochschulen ausgeweitet, eine nationale Lernplattform im Netz ist allen Schülern, Eltern und Lehrern zugänglich.

"Toomas Hendrik Ilves hat die Digitalisierung in die Schulen und in den Unterricht gebracht, zehn Jahre vor Erfindung des Smartphones. Er hat erkannt, wie bedeutsam der frühzeitige Erwerb digitaler Kompetenzen ist", sagt Brigitte Mohn. Dieser Schritt habe dazu beigetragen, dass die Esten die Chancen der Digitalisierung als Hebel für Wachstum und gesellschaftlichen Aufbruch zu nutzen versuchen – mit einem "gesunden Optimismus, ohne Berührungsängste, aber auch ohne naive Euphorie", so Mohn.

Die Bertelsmann Stiftung würdigt Ilves auch als einen Politiker, der die Möglichkeiten der Digitalisierung für gesellschaftlichen Aufbruch früh erkannt habe. Als ehemalige sowjetische Teilrepublik hat Estland die frühe und konsequente Digitalisierung auch dazu genutzt, Korruption einzudämmen, den ländlichen Raum infrastrukturell zu fördern und ein offenes Klima der Meinungsfreiheit zu etablieren. Datensicherheit betrachtet Ilves eher als Werkzeug denn als Problem. In seinem Konzept von Datensouveränität sieht er den Bürger als aktiven Gestalter.

Nach Ende seiner Präsidentschaft im Oktober 2016 ernannte die Stanford University Toomas Hendrik Ilves zum Gastprofessor am Zentrum für internationale Sicherheit und Zusammenarbeit (CISAC). Für das Weltwirtschaftsforum leitete er das "Blockchain Future Council" und steht seit kurzem dem Ausschuss für Cybersecurity vor. Während seiner Präsidentschaft leitete Ilves die EU-Task-Force "eHealth" und den Lenkungsausschuss der EU-Kommission für Cloud Computing. Gemeinsam mit dem ehemaligen Chefökonom der Weltbank, Kaushik Basu, leitete Ilves den Herausgeber-Beirat für den Weltbank-Bericht "Digital Dividends", eine umfassende Studie zum Nutzen der digitalen Technologie für die Entwicklung von Schwellen- und Drittweltstaaten.

Über den Reinhard Mohn Preis

Der Reinhard Mohn Preis erinnert an den Gründer der Bertelsmann Stiftung, Reinhard Mohn († Oktober 2009). Der Preis wird jährlich verliehen und zeichnet international renommierte Persönlichkeiten aus, die sich um wegweisende Lösungen zu gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen verdient gemacht haben. Die Preisvergabe basiert auf einer weltweiten Recherche nach innovativen Konzepten und exemplarischen Lösungsansätzen für Herausforderungen, die für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands von entscheidender Bedeutung sind. In diesem Jahr heißt das Thema "Smart Country – Vernetzt. Intelligent. Digital." Der Festakt zur Preisverleihung findet am 29. Juni ab 11 Uhr im Theater Gütersloh statt.