Pressemitteilung, , Gütersloh: Große regionale Unterschiede bei der Finanzsituation deutscher Kommunen

Bertelsmann Stiftung schafft Transparenz – Haushaltsdaten aller Städte und Gemeinden ab 5.000 Einwohner aufwärts ab sofort online

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Generell zeigt sich, dass die Haushaltssituation der deutschen Städte und Gemeinden nur auf den ersten Blick so gut ist, wie vielfach angenommen wird. So erwirtschafteten zwar alle Kommunen im Durchschnitt des Jahres 2007 einen Jahresüberschuss von 115 € je Einwohner und dieser po­sitive Trend setzte sich auch im Jahr 2008 fort. Allerdings geht die Spanne der kommunalen Haus­haltsergebnisse zwischen einzelnen Ländern und Regionen weit auseinander. Die positiven Haus­haltszahlen der vergangenen Jahre insgesamt verdecken also, dass es längst nicht um alle Kom­munen gut bestellt ist.

Das zeigt ein Blick auf die Ebene der Bundesländer. Im Durchschnitt erwirtschafteten die Kommu­nen in Rheinland-Pfalz, dem Saarland und in Schleswig-Holstein im Jahr 2007 Fehlbeträge und keine Überschüsse. Aber selbst in Hessen, dem Land mit den höchsten kommunalen Überschüs­sen, war die Entwicklung sehr unterschiedlich. Auch dort weisen einige Kommunen Fehlbeträge aus. Umgekehrt wurden auch in Rheinland-Pfalz, dem Land mit den höchsten Durchschnittsfehl­beträgen, in einigen Städten und Gemeinden Überschüsse erzielt.

Mitverantwortlich für die Überschüsse ist nach Angaben der Bertelsmann Stiftung auch der zum Teil massive Verkauf von "kommunalem Tafelsilber". So brachten die in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Martin Junkernheinrich und der Forschungsgesellschaft für Raumfinanzpolitik angestellten Untersuchungen zum Vorschein, dass die Kommunen im Jahr 2007 in erheblichem Umfang Ver­mögenswerte verkauft haben. "Auf den Verkauf von Tafelsilber lässt sich aber keine Dauerstrate­gie zur Haushaltskonsolidierung aufbauen", sagte Dr. Kirsten Witte, Leiterin des Programms Kommunen und Regionen der Bertelsmann Stiftung.

Bedenklich ist nach Angaben der Bertelsmann Stiftung auch die kommunale Verschuldung über Kassenkredite. Sie dienen zur kurzfristigen Finanzierung laufender Ausgaben und sind im Gegen­satz zu anderen Kommunalschulden nicht durch materiell geschaffene Werte gedeckt. In einigen Kommunen sind aus den Kassenkrediten mittlerweile Dauereinrichtungen auf hohem Niveau ge­worden, was als besonderes Krisenphänomen zu werten ist. Lediglich in den Kommunen in Ba­den-Württemberg, Bayern und Sachsen spielen Kassenkredite so gut wie keine Rolle.

Mit dem Konjunkturpaket II können nach Einschätzung der Bertelsmann Stiftung zwar kommunale Investitionen unterstützt werden, die vorhandenen strukturellen Defizite zahlreicher Kommunen werden aber dadurch nicht über Nacht verschwinden: "Nicht jede Investition bewirkt langfristige Einsparungen. Gerade bei Investitionen ist der Blick auf Folgekosten und die absehbare demogra­phische Entwicklung wichtig. Schon allein vor dem Hintergrund des konjunkturellen Abschwungs werden die Potenziale bei den laufenden Einnahmen, mit deren Hilfe Folgekosten von Investitionen finanziert werden, tendenziell sinken", sagte Witte.

Tatsächlich sind bereits heute die laufenden Einnahmen der Kommunen höchst unterschiedlich. Bemerkenswert ist die Verteilung des Steueraufkommens. So weisen 251 der 425 Kreise und kreisfreien Städte im Jahr 2007 ein Netto-Steueraufkommen von über 650 € je Einwohner aus. Allerdings sind darunter mit dem Kreis Freiberg und der Stadt Dresden nur zwei aus den ostdeut­schen Bundesländern. Auch in einigen westdeutschen Regionen waren die Netto-Steuerein­nahmen gering.

Die höchsten Netto-Steuereinnahmen erzielten im Durchschnitt die Kommunen in Hessen und Baden-Württemberg. Allerdings waren die Steuereinnahmen innerhalb Hessens ungleich verteilt. In Baden-Württemberg gab es auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte keine einzige Region mit Steuereinnahmen von unter 600 € je Einwohner. Die unter den Kreisen und kreisfreien Städten steuerstärksten Regionen innerhalb Thüringens (Stadt Jena mit 596 € / EW), Sachsen-Anhalts (Landeshauptstadt Magdeburg mit 601 € / EW) und Mecklenburg-Vorpommerns (Landes­hauptstadt Schwerin mit 579 € / EW) liegen sogar noch unter dem niedrigsten Wert in Baden-Württemberg.

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