Blick auf den Champs Elysees in Paris. Im Hintergrund der Triumphbogen. Davor die Straße, befahren von Autos, LKWs und Mopeds. Die Straße ist gesäumt von Bäumen. Dahinter rechts und links Cafes, Restaurants, Sonnenschirme und Flaggen.
Neil Howard / Flickr - CC BY-NC 2.0, https://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/

Pressemeldung, , : Frankreich vor der Wahl: Polarisierte Wähler blicken misstrauisch in die Zukunft

Vor der finalen Runde der französischen Präsidentschaftswahlen stehen sich zum ersten Mal seit 1958 zwei Bewerber gegenüber, die für keine der großen Volksparteien im politischen Zentrum antreten. Doch egal wer künftig im Élysée Palast regiert – eine der größten Herausforderungen dürfte die Einigung der französischen Wählerschaft sein. Eine EU-Umfrage zeigt, dass die Franzosen politisch stärker polarisiert und pessimistischer sind als im Rest Europas. Am stärksten ist die Unzufriedenheit im rechten Lager. 

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Im Verhältnis zur EU insgesamt zählen sich deutlich weniger Franzosen (36 Prozent) zur politischen Mitte (Mitte-links, Mitte-rechts). In der EU verorten sich im Schnitt 62 Prozent in dieser Gruppe. "Die Spaltung in unversöhnliche Lager kann Politik und Gesellschaft lähmen. In einer Demokratie zählt aber nicht das Gegeneinander, sondern das Miteinander", kommentiert Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung, die Ergebnisse. "Es kommt nicht darauf an, wer sich am lautesten beschwert, sondern wer die besten Lösungen anbietet und diese im Konsens umsetzt." Dies funktioniere in einer Demokratie aber nur unter Beachtung fundamentaler Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Toleranz und Meinungsfreiheit. Daran sollten sich alle Parteien orientieren, egal ob links oder rechts, so De Geus.

Bonjour Tristesse: Franzosen blicken pessimistisch in die Zukunft

Befragt nach der Zufriedenheit mit ihrem Land und ihrer persönlichen Zukunft, zeigt sich in der EU und in Frankreich zunächst ein vergleichbares Bild: Je näher sich die Befragten an den politischen Rändern verorten, desto unzufriedener sind sie. Jedoch ist die Unzufriedenheit bei den Franzosen stärker ausgeprägt. Über alle politischen Lager hinweg fällt die Bewertung der eigenen Zukunft oder der wirtschaftlichen Situation schlechter aus als in der EU insgesamt. Am deutlichsten äußert sich dies bei der Frage nach dem Zustand des eigenen Landes. Während in Frankreich nicht mal jeder Fünfte der Mitte-Wähler mit dem Status Quo seines Landes zufrieden ist (Mitte-links: 18 Prozent, Mitte-rechts:10 Prozent) ist es in der EU immerhin mehr als jeder Dritte dieser Gruppe (Mitte-links 32 Prozent, Mitte-rechts: 30 Prozent).

Bei Anhängern der Rechten verschärft sich dieser Pessimismus. Sie äußern sich zu allen Fragen deutlich negativer als die Wähler der Mitte oder der Linken. Bei den rechten Wählergruppen sind nur vier Prozent zufrieden mit der Situation ihres Landes und nur jeder Dritte (33 Prozent) von ihnen blickt optimistisch in die Zukunft. Damit gehören sie zur unzufriedensten Wählergruppe. Dies begründet sich möglicherweise auch mit ihrer wirtschaftlichen Lage: 70 Prozent der Rechten in Frankreich bewerten ihre persönlichen wirtschaftlichen Situation als negativ. Der höchste Wert im Vergleich mit den anderen Wählergruppen. (Links: 64 Prozent, Mitte-links: 57 Prozent, Mitte-rechts: 56 Prozent).

Euroskepsis verfängt nur bei rechten Parteien

Befragt zur Europapolitik fällt auf, dass die Franzosen die EU grundlegend als positiv und wichtig einordnen. Über alle politischen Lager hinweg sind die Franzosen der Meinung, dass die EU international eine stärkere Rolle spielen sollte. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten. Während Anhänger der politischen Mitte und auch der Linken sich mit jeweils fast Zweidrittelmehrheiten für einen Verbleib in der EU aussprechen und zum Euro bekennen, gibt es bei den Rechten nur Mehrheiten gegen die EU: 58 Prozent von ihnen wollen aus dem Euro aussteigen und 63 Prozent ganz aus der EU raus.

Laut Isabell Hoffmann, Mitautorin der Studie und Europaexpertin der Bertelsmann Stiftung, sind diese Zahlen mit Blick auf den französischen Wahlkampf bemerkenswert: "Europakritische Positionen im Wahlkampf einzunehmen ist risikoreich. Das sieht man auch in diesem Wahlkampf. Zunächst verschafft es einem viel Aufmerksamkeit, aber ist man zu radikal, verschreckt man mehr Wähler, als man gewinnt. Das hat sich bei vergangenen Wahlen bereits in Österreich und in den Niederlanden gezeigt", so die Expertin. "Viele Menschen seien unzufrieden mit der europäischen Tagespolitik. Es sei aber ein Fehler anzunehmen, dass sie mehrheitlich aus der EU austreten wollen", erklärt Hoffmann.

Zusatzinformationen

"eupinions" ist das europäische Meinungsforschungs-Instrument der Bertelsmann Stiftung, das zusammen mit Dalia Research entwickelt wurde. Es werden regelmäßig die Bürger aller 28 EU-Mitgliedstaaten zu europäischen Themen befragt. Für die aktuelle Ausgabe wurden im März 2017 11.021 Menschen in der EU befragt. Die in der Studie wiedergegebenen Ergebnisse sind repräsentativ für die EU insgesamt und Frankreich.