Group of young people running with an EU flag in Munich, Bavaria, Germany; Eine Gruppe junger Leute läuft fröhlich mit einer EU-Flagge durch München.
Ursprünglich bestellt am 26.02.2014 für CC.

Verwendet für die Onlinemeldung zur eupinions-Ausgabe vom 11.01.2018 von Isabell Hoffmann ST-EZ.
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Pressemeldung, , : Europäer sehen EU als Schutzschirm in Zeiten der Globalisierung

Mit Globalisierungs- und EU-Kritik mobilisieren rechtskonservative Parteien europaweit Wählerstimmen. In der Mitte streiten sich die Parteien hingegen um die richtigen Reaktionen auf diese Politik der Ablehnung. Wie die Europäer über die Globalisierung urteilen und welche Rolle die EU dabei einnehmen sollte, zeigt die aktuelle Ausgabe der eupinions.

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"Europa wird von einer grossen Mehrheit der Menschen als Quelle von Stabilität, Wohlstand und Frieden akzeptiert. Das ist ein Erfolg Europas. Stimmen, die eine Zukunft im nationalen Gegeneinander statt internationalem Miteinander versprechen, müssen wir mit Überzeugung, Fakten und offenen Diskussionen begegnen. Dafür ist auch politische Führungsstärke gefragt", kommentiert Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung die Ergebnisse.

Mit dem Umfrageinstrument eupinions befragt die Bertelsmann Stiftung regelmäßig Bürger in der gesamten Europäischen Union zu politischen und gesellschaftlichen Themen. Für die aktuelle Umfrage wurden über 10.000 Europäer zur Globalisierung und der Rolle der EU interviewt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die EU insgesamt sowie für die fünf größten Mitgliedsstaaten: Deutschland, Frankreich, Italien, Polen und Spanien.

Ob für oder gegen Globalisierung: Eine Mehrheit sieht Europa als Teil der Lösung

Hinsichtlich der Einstellungen zur Globalisierung klafft zwischen der allgemeinen und der persönlichen Wahrnehmung der Europäer eine Lücke. Während fast die Hälfte (44 Prozent) der EU-Bürger die Globalisierung als Bedrohung empfindet, geben sie gleichzeitig mehrheitlich an, hinsichtlich der Verfügbarkeit preiswerter Waren und Dienstleistungen persönlich "eher gute" oder "gute" Erfahrungen mit der Globalisierung gemacht zu haben (66 Prozent). Die Einstellungen zur internationalen Verflechtung wirken sich auch auf die Sichtweisen zur EU aus. Jene Europäer, die die Globalisierung als Chance wahrnehmen (56 Prozent), sind EU-freundlicher und wünschen sich mit absoluter Mehrheit (64 Prozent) mehr EU-Integration. Auf der anderen Seite ist die Gruppe der EU-Unterstützer unter denjenigen, die die Globalisierung als Bedrohung empfinden (44 Prozent) immer noch in der Mehrheit, aber nicht ganz so deutlich. Unter diesen Globalisierungsskeptikern wünschen sich 45 Prozent mehr und 41 Prozent weniger EU-Integration.

Hinsichtlich der Rolle der Europäischen Union zeigt sich europaweit ein klarer Trend: "Wenn es um Gestaltung globaler politischer Herausforderungen und Steuerung internationaler Prozesse wie der Globalisierung geht, sieht eine deutliche Mehrheit der Bürger die Europäische Integration als Teil der Lösung", so Isabell Hoffmann, Studienautorin und Europaexpertin der Bertelsmann Stiftung. Auch wenn die Menschen vielfältige Parteipräferenzen und Haltungen  gegenüber der Globalisierung haben, stehen sie einer Weiterentwicklung der EU aufgeschlossen gegenüber. Nur die Wähler rechter und rechtspopulistischer Parteien setzen sich von diesem Bild ab. Sie lehnen jede Art der politischen und wirtschaftlichen Öffnung ab: Sowohl die Globalisierung als auch die EU.

Europaweiter Riss zwischen den Rechtsaußen und allen anderen Parteien

In Deutschland sind die EU-Unterstützer über die meisten Parteigrenzen hinweg fast überall klar in der Mehrheit. Allerdings fällt auf, dass die Anhänger der FDP europapolitisch nach rechts gerückt sind: Die meisten Befürworter einer stärkeren EU-Integration finden sich unter den SPD-Anhängern (66 Prozent), gefolgt von den Grünen (65 Prozent), der CDU/CSU (63 Prozent) und der Linken (62 Prozent). Bei der FDP scheint das Europa-Bekenntnis dagegen zu wackeln: 49 Prozent ihrer Anhänger sind für mehr europäische Integration. Das ist der schlechteste Wert nach der AfD, bei deren Anhängern sich eine Mehrheit gegen mehr Integration ausspricht (59 Prozent).

In den anderen EU-Staaten zeichnet sich ein ähnliches Bild: In Frankreich sind allein die Anhänger des rechtskonservativen Front National (64 Prozent) gegen mehr EU-Integration. In Polen sind deutlich EU-ablehnende Sichtweisen nur bei der rechtsnationalen Partei Kukiz’15 (54 Prozent) in der Mehrheit. In Spanien hingegen hat die EU quer durch alle Parteilager einen ausgezeichneten Ruf: Der niedrigste Zustimmungswert findet sich bei den spanischen Sozialisten: Hier wünschen sich aber immer noch 71 Prozent der Anhänger mehr EU-Integration. "Viele Unterstützer linker Parteien sehen die Globalisierung als Bedrohung, unterstützen aber eine Weiterentwicklung der EU. Für die Rechten ist Europa hingegen nicht Teil der Lösung, sondern das Problem. Deshalb lehnen sie europaweit konsequent eine verstärkte Integration ab", so Isabell Hoffmann.

Terrorismus und Migration sind für Europäer die drängendsten Probleme

Befragt nach den größten Herausforderungen für Europas Zukunft, zeigt sich unter den Europäern ein klares Bild: Terrorismus und internationale Migration sind für die Befragten die größten Baustellen. Ein Viertel der Europäer gibt an, dass der Kampf gegen den Terrorismus die größte Priorität der EU haben sollte. Noch jeder Fünfte gibt als wichtigste Aufgabe die bessere Steuerung von Migration an. Wachstum (6 Prozent) oder Ungleichheit (6 Prozent) stehen für die Europäer hingegen nicht ganz oben auf der To-do-Liste.

Zusatzinformationen

"eupinions" ist das europäische Meinungsforschungs-Instrument der Bertelsmann Stiftung, das zusammen mit Dalia Research entwickelt wurde. Wir befragen regelmäßig die Bürger aller 28 EU-Mitgliedstaaten zu europäischen Themen. Die Befragung für die vorliegende Studie fand im Juli 2017 statt und ist mit einer Gesamtheit von 10.755 Befragten repräsentativ für die gesamte Europäische Union und die sechs größten Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und Polen. Da sich die für diese Studie relevanten Fragen auf die Zukunft der gesamten EU fokussieren, haben wir aus Gründen der methodologischen Solidität die britische Stichprobe nicht berücksichtigt.

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