Sieben junge Frauen und Männer stehen auf einem Platz vor einem Gebäude in Malta und halten eine Europafahne in den Händen. Zwei von ihnen halten außerdem Luftballons in Herzform.

Mehrheit der jungen Mittel- und Osteuropäer steht fest hinter der EU

Finanz- und Wirtschaftskrise, drohender "Grexit", Flüchtlingsfrage, "Brexit" – und immer wieder anti-europäische und nationalistische Töne aus verschiedenen Teilen Europas: Die EU ist unter Dauerbeschuss. Doch eine Mehrheit der jungen Menschen in Mittel- und Osteuropa steht hinter ihr und schätzt sie vor allem als Friedensgarant.

In diesem Jahr feiert die EU – ihre Vorgängerorganisationen mitgezählt – 60. Geburtstag. Mittlerweile umfasst sie 28 Staaten. 2004 bis 2013 kam eine Reihe mittel-, ost- und südosteuropäischer Länder dazu – nicht zuletzt, weil sie sich Sicherheit und wirtschaftliche Vorteile von einer EU-Mitgliedschaft versprachen. Doch in letzter Zeit wurde der Zusammenhalt der europäischen Staatengemeinschaft durch einige Krisen auf eine harte Probe gestellt.

In Teilen Europas haben nationalistische Töne wieder Hochkonjunktur. In Österreich stellte die FPÖ fast den Bundespräsidenten, in Deutschland zog die AfD zuletzt in einige Landtage ein, bei der niederländischen Parlamentswahl wurde die PVV von Geert Wilders kürzlich zweitstärkste Kraft und in Frankreich hat Marine Le Pen vom Front National laut Umfragen gute Chancen auf die Stichwahl um das Präsidentenamt im Mai. In einigen mittel- und osteuropäischen Staaten wiederum stellen die Scharfmacher bereits die Regierung. So hetzt das ungarische Kabinett unter Viktor Orban nicht nur gegen Minderheiten, sondern zieht auch regelmäßig über Brüssel her. Von der polnischen Regierung, bei der Ex-Premier Jarosław Kaczyński noch immer im Hintergrund mitwirkt, ist ähnliches zu hören. Auch aus Prag und Bratislava kommen anti-europäische Töne.

In diesen Chor ihrer Regierungen will eine Mehrheit der jungen Polen, Ungarn, Tschechen und Slowaken nicht einstimmen, wie unsere aktuelle Umfrage zeigt. Der Europäischen Union stellen sie und ihre Altersgenossen in Deutschland und Österreich ein insgesamt gutes Zeugnis aus.

Für eine klare Mehrheit der jungen Mittel- und Osteuropäer ist die EU-Mitgliedschaft ihres Landes eine gute Sache. Am meisten schätzen die Befragten im Alter von 15 bis 24 Jahren die europäische Staatengemeinschaft als Garant für Frieden. Auch findet es eine Mehrheit von ihnen gut, innerhalb der EU in einem anderen Land studieren, leben und arbeiten zu können. Als größtes Problem für die Europäische Union sehen sie den islamistischen Terrorismus.

Deutliche Mehrheit der jungen Mittel- und Osteuropäer hält EU-Mitgliedschaft für eine gute Sache

In allen sechs Ländern bewerten über 70 Prozent der befragten jungen Menschen die EU-Mitgliedschaft ihres Landes positiv. Am größten ist die Skepsis unter jungen Slowaken. Rund 30 Prozent halten es für schlecht, EU-Mitglied zu sein.

Zwar steht eine klare Mehrheit der jungen Mittel- und Osteuropäer hinter der EU. Je nach Land erwarten aber auch 60 bis 77 Prozent der jungen Menschen, dass sich diese weiterentwickelt und sie politisch wie wirtschaftlich reformiert wird.

Frieden, grenzenloses Studieren und Arbeiten: Die EU wird in vielerlei Hinsicht geschätzt

Für 75 bis 81 Prozent der jungen Mittel- und Osteuropäer ist die EU vor allem als Friedensgarant des europäischen Kontinents von zentraler Bedeutung. 61 bis 65 Prozent schätzen außerdem die Möglichkeit, in einem anderen EU-Land studieren zu können und 60 bis 72 Prozent begrüßen es, dort leben und arbeiten zu können. Dass im Rahmen des Schengen-Raums die einstigen innereuropäischen Grenzkontrollen weggefallen sind, ist für 46 bis 63 Prozent der Befragten wichtig.

"Europas Jugend lässt sich von EU-feindlicher Rhetorik nicht beeindrucken. Die guten Zustimmungswerte unter Jugendlichen sind ein aufmunterndes Signal zum 60. Geburtstag der EU."

Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung

Gemeinsam mit anderen EU-Staaten den Klimawandel zu bekämpfen ist für 48 bis 70 Prozent der jungen Mittel- und Osteuropäer relevant. Wirtschaftlich schwächere Mitglieder der europäischen Staatengemeinschaft mit EU-Geldern zu unterstützen halten 37 bis 58 Prozent für wichtig. Hier lassen die niedrigen Zustimmungswerte in Tschechien und der Slowakei aufhorchen (37 und 39 Prozent) – profitierten beide Länder in den letzten Jahren doch selbst erheblich von finanzieller Unterstützung aus Brüssel.

Islamistischer Terrorismus gilt jungen Menschen derzeit als größtes Problem für die EU

Islamistische Fundamentalisten und Terroristen sind für eine Mehrheit der befragten jungen Menschen das aktuell größte Problem für die EU. Danach folgen Zuwanderung und die Flüchtlingsfrage. Umweltverschmutzung, der Klimawandel und die Naturkatastrophen, die daraus folgen, stehen an dritter Stelle. Doch auch die Themen Arbeitslosigkeit, unsichere Jobs und die Kluft zwischen Arm und Reich treiben junge Menschen in der Mitte und im Osten Europas um.

"Frieden und Freiheit sind untrennbar mit der EU verbunden, aber nicht selbstverständlich", resümiert Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung, die Umfrage. "Damit wir die Erfolgsgeschichte der EU auch in den nächsten 60 Jahren fortschreiben können, müssen wir diese Werte mit allen Europäern schützen und fördern", so De Geus.

Die komplette Umfrage mit detaillierten Ergebnissen aus den sechs Ländern finden Sie hier.

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