Dutzende Menschen, vermutlich Flüchtlinge, laufen in einer breiten Reihe auf einem grasbewachsenen Hügel entlang.

Teufelskreis Flucht: Ursachen bekämpfen, praktisch helfen

Sie lassen ihre Familie zurück, begeben sich auf eine oft lebensgefährliche Reise und machen den Schritt in eine unsichere Zukunft: Was bringt immer mehr Menschen aus Afrika, Asien und Südosteuropa dazu, ihre Heimat zu verlassen? Wir haben mit internationalen Autoren nachgeforscht und uns Gedanken gemacht, wie sich die Fluchtursachen bekämpfen lassen und wir den Menschen in Europa helfen können.

2015 waren laut Angaben der Vereinten Nationen über 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Damit hat sich die Zahl der Flüchtlinge in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Seitdem sich auch immer mehr Menschen aus Krisengebieten auf den Weg nach Europa machen, ist in der EU eine heftige Diskussion über den Umgang mit Flüchtlingen entbrannt. Doch warum verlassen Menschen überhaupt ihre Heimat, um sich in eine ungewisse Zukunft zu begeben, wie sieht ihr Leben vor Ort aus und wie können wir mit der Situation umgehen? Diesen Fragen gehen 25 Autoren aus Afrika, Asien und Europa in unserer neuen Publikation "Escaping the Escape" nach (in Englisch). Den Sammelband stellen wir heute auf der Münchner Sicherheitskonferenz vor.

Die Buchautoren machen deutlich: Die drängendsten Fluchtursachen wie Krieg, Verfolgung, wirtschaftliche Not und fehlende Entwicklungschancen können nur in den Herkunftsländern angegangen werden. Außerdem weisen sie auf ein Thema hin, das in Europa gerne unter den Tisch gekehrt wird: Die meisten Flüchtlinge kommen erst gar nicht bis zu uns, sondern leben unter oft unwürdigen Bedingungen in den Entwicklungsländern Afrikas oder im Nahen Osten. Allein im kenianischen Dadaab, dem größten Flüchtlingslager der Welt, wohnen dicht an dicht mehr als 400.000 Menschen. Im Libanon machen Flüchtlinge 30 Prozent der Bevölkerung /typo3/aus und in Jordanien ist die Hälfte der Einheimischen palästinensisch-stämmig, flüchtete also einst aus den Palästinensergebieten oder ist Nachkomme von palästinensischen Flüchtlingen. In Deutschland dagegen bilden Flüchtlinge nicht mal ein Prozent der Einwohnerschaft.

"Die Integration von Flüchtlingen in unsere Gesellschaft ist notwendig, behandelt aber nur die Symptome. Krieg und Verfolgung müssen wir in den Herkunftsländern bekämpfen."

Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung

Eine wesentliche Forderung der Autoren ist, die Europäische Nachbarschaftspolitik besser zu koordinieren, denn diese dient auch dazu, Menschenrechte durchzusetzen und  demokratische Strukturen und Gruppen zu fördern. Die EU dürfe im Streben nach Sicherheit und Stabilität keinen Kuhhandel eingehen, der die Bürgerrechte und Freiheit der Menschen in den Herkunftsländern beschneide, unterstreicht Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung. Um die Herausforderungen globaler Migrationsströme zu meistern, müsse die EU auf Zusammenarbeit, nicht nationalen Egoismus setzen. Nur so könne Europa im 21. Jahrhundert handlungsfähig bleiben, so De Geus.