Man sieht eine Arzt-Patienten-Situation. Zwischen den beiden Personen auf dem Tisch steht ein Laptop.

Ärzte sehen informierte Patienten kritisch

Patienten informieren sich immer häufiger selbst über Krankheiten, Behandlungsmöglichkeiten oder Kassenleistungen. Bei vielen niedergelassenen Ärzten ist dieses Verhalten umstritten. Oft raten sie Patienten von einer eigenen Recherche ab. Gleichzeitig haben jedoch viele Ärzte selbst Probleme, seriöse Quellen im Internet zu erkennen.

Mehr als die Hälfte der niedergelassenen Ärzte findet informierte Patienten mindestens problematisch. 45 Prozent der Ärzte stimmen außerdem der Aussage zu, die Selbstinformation der Patienten erzeuge vielfach unangemessene Erwartungen und Ansprüche, die die Arbeit der Ärzte belaste. Dies geht aus einer Online-Umfrage der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK hervor. Fast ein Drittel der Ärzte ist der Ansicht, dass die Selbstinformation die Patienten meist verwirre und das Vertrauen zum Arzt beeinträchtige. Fast jeder vierte Arzt rät Patienten sogar aktiv von der eigenständigen Suche nach Informationen ab.

"Es ist eine unumkehrbare Entwicklung, dass immer mehr Patienten ihre Krankheitssymptome und die dazugehörigen Therapiemöglichkeiten im Internet recherchieren."

Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung

Daher sollten Ärzte die Selbstinformation ihrer Patienten als Chance betrachten und fördern. "Auch was das Thema Gesundheit angeht, sind die Menschen heutzutage viel anspruchsvoller und selbstbewusster. Ein gut informierter Patient, der auf Augenhöhe mit dem Arzt über Krankheit und Behandlungsoptionen diskutiert, sollte das Ziel aller an der Versorgung Beteiligten sein", so Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER GEK.

Ärzte wenig selbstkritisch

Fast alle niedergelassenen Ärzte geben der Umfrage zufolge an, dass sich der Trend zur Selbstrecherche medizinischer Fragen in den vergangenen fünf Jahren verstärkt hat. Das wachsende Interesse von Laien an gesundheitsbezogenen Themen ist in der Ärzteschaft jedoch umstritten. Gut vier von zehn Ärzten freuen sich über das Interesse der Patienten. Knapp jeder Zehnte ärgert sich allerdings, dass der Patient sich mit seiner Frage nicht zuerst an ihn gewandt hat. Die Frage, ob es auch an ihnen selbst liegen könne, dass Patienten sich auf eigene Faust informieren und nicht direkt auf sie zukommen, stellen sich lediglich elf Prozent der Ärzte. Nur etwa zehn Prozent von ihnen fragen sich, ob der Patient sich zuvor mehr Beratung gewünscht hätte.

Ärzte kennen seriöse Informationen im Internet nicht

Nur etwas mehr als die Hälfte der Ärzte hat nach eigenen Angaben weiterführende und vertrauenswürdige Informationsmaterialien für Laien in ihrer Praxis ausliegen und gibt diese ihren Patienten mit. Knapp jeder zweite Arzt weist Patienten auf gute Informationsquellen hin und ebenfalls knapp 50 Prozent der Ärzte suchen selbst nach geeigneten Informationen für ihre Patienten. Nur 15 Prozent kennen sich nach eigenen Angaben eher nicht so gut oder überhaupt nicht gut mit den für Patienten verfügbaren Informationsangeboten aus. Trotzdem kennt gerade einmal jeder fünfte Arzt die Internetseite patienten-information.de des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ), das immerhin das gemeinsame Kompetenzzentrum von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung ist. Nur ein Drittel dieser Ärzte hält die Patienteninformationen dieser Internetseite für vertrauenswürdig, während das Vertrauen in Wikipedia mehr als doppelt so groß ist.