Ausschnitt einer Weltkarte, der einen Teil des Nahen Ostens mit Fokus auf Iran und Saudi-Arabien zeigt.

Nach dem Nuklearvertrag mit Teheran: Frieden zwischen Iran und Saudi-Arabien anpeilen

Der Nahe Osten wird derzeit von Bürgerkriegen und dem Terror des "Islamischen Staates" erschüttert. Zehntausende sind auf der Flucht  - nicht zuletzt nach Europa. Der am 14. Juli mit Teheran abgeschlossene Atomvertrag könnte den Auftakt zu einer Befriedung der Region bilden.

Kriege überziehen Syrien, den westlichen Irak und den Jemen. Grenzen verlieren ihre Bedeutung, staatliche Strukturen lösen sich auf. Dutzende Milizen beherrschen Territorien, an deren Rändern erbittert gekämpft wird. Allen voran der "Islamische Staat" (IS) verbreitet mit seinem Terror Schrecken. Millionen von Menschen sind auf der Flucht und Hundertausende auf dem Weg nach Europa.

Aus eigener Kraft sind die lokalen Kriegsparteien kaum in der Lage oder willens, die Kämpfe zu beenden. Die Konflikte könnten aber eingehegt werden, würden die beiden großen Regionalstaaten Saudi-Arabien und Iran ihren Kampf um die Vormacht in der Golfregion beilegen. Derzeit befeuern Riad und Teheran die Konflikte in ihrer Nachbarschaft. Während Iran sich als Schutzmacht der Schiiten versteht, sieht Saudi-Arabien sich in der sunnitischen Führungsrolle.

Der abgeschlossene Nuklearvertrag zwischen dem Westen und Teheran ist wichtig, wird aber das Misstrauen zwischen Iran und Saudi-Arabien kaum abbauen. Es drohen weiter Wettrüsten und Eskalationen. Eine friedliche Alternative könnte ein regionales Verhandlungsmodell bieten. In einem ersten Schritt träten die Staaten der Subregion Golf zusammen: Iran, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait, Bahrain, Katar und Oman sowie der Irak und Jemen (nach Bildung einer handlungsfähigen Regierung). Später folgten die Regionalmächte Türkei, Israel und Ägypten.

Der Regionaldialog könnte auf zwei Ebenen ablaufen: Auf der politischen Ebene ließen sich die Themen Kampf gegen den Terrorismus, Zukunft Syriens, des Irak und Jemens sowie die Beziehungen zwischen Iran, Saudi-Arabien und den kleinen Golf-Staaten behandeln. Auf der praktischen Ebene sollte konkret über Infrastrukturprojekte, Umweltschutzmaßnahmen, Handelsfragen, Energie-Kooperation und die Hilfe für Flüchtlinge verhandelt werden. Das würde Vertrauen schaffen.

Der skizzierte Konfliktbeilegungsmechanismus folgt der Struktur der erfolgreichen Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Vor 40 Jahren wurde die KSZE-Schlussakte in Helsinki unterzeichnet und die Konferenz später zu einer Institution, der OSZE, weiterentwickelt. Die Organisation hat ihre Relevanz auch nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes nicht verloren, wie derzeit beim Konfliktmanagement in der Ost-Ukraine zu sehen ist.

Der Anstoß zu einer Verhandlungs-Initiative für die Golfregion sollte von einem externen Akteur kommen, der einlädt und moderiert. Eine Vermittlergruppe "Golf" könnte sich unterschiedlich zusammensetzen: Im großen Rahmen mit den USA, der EU, Russland, China, Indien und Japan oder in kleineren Tandem-Konstellationen beispielsweise aus EU und China oder Deutschland und Japan. Letztere sind ohne koloniale Vergangenheit in der Region und nicht ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, haben aber in der UN großes Gewicht und gute Beziehungen zu den USA, die in der Golfregion ein starker Militärfaktor sind. Japan ist asiatisches Mitglied der OSZE und Deutschland hat ab 2016 den Vorsitz der Organisation inne.

Eine "KSZ-Golf" könnte schließlich eine Zusammenarbeit bei Handel und Industrie anstoßen, denn Iran und Saudi-Arabien benötigen angesichts steigender Jugendarbeitslosigkeit und prognostizierter sinkender Einnahmen aus Öl- und Gasverkäufen mehr Arbeitsplätze.

Eine ausführliche Analyse zur künftigen Gestaltung der Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien bietet Ihnen unser neues Spotlight Europe, das Sie nebenstehend finden.